Innovationsfonds

Gewinnt nur, wer schnell ist?

Der Innovationsfonds weckt Begehrlichkeiten. Viele wollen ein ordentliches Stück vom Kuchen erhalten, obwohl noch gar nicht klar ist, nach welchen Kriterien die Gelder überhaupt verteilt werden sollen.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Fünf vor zwölf, denken manche mit Blick auf den geplanten Innovationsfonds.

Fünf vor zwölf, denken manche mit Blick auf den geplanten Innovationsfonds.

© opicobello / fotolia.com

DEGGENDORF. Zur Förderung von Innovationen im Gesundheitswesen stehen bereits in diesem Jahr 300 Millionen Euro aus dem neu eingerichteten Innovationsfonds zur Verfügung. "So ein Förderprogramm hat es noch nie gegeben", sagte dazu der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, in Deggendorf.

Über die gesamte Legislaturperiode seien das immerhin 1,2 Milliarden Euro, die je zur Hälfte aus dem Gesundheitsfonds und direkt von den Kassen bereit gestellt werden. Jährlich 225 Millionen Euro sollen davon für neue Versorgungsformen und 75 Millionen für die Versorgungsforschung verwendet werden.

Auch wenn die Kriterien für das Vergabeverfahren der Fördermittel, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss geregelt werden soll, noch nicht bekannt sind, sollten sich die Akteure im Gesundheitswesen schon jetzt darauf vorbereiten, um dann möglichst rasch Anträge stellen zu können, erklärte Schlenker beim 11. Barmer GEK Forum in Deggendorf.

"Ich weiß nicht, ob das nach dem Windhundprinzip laufen wird", räumte Schlenker ein. Aber die Erfahrung zeige, dass Geschwindigkeit in solchen Fällen alles ist.

Eine Aufteilung nach der Größe der Bundesländer wäre nach seiner Ansicht wenig sinnvoll. "Dann kassiert Nordrhein-Westfalen fast alles ab." Besser wäre ein Assessment-Verfahren mit belastbaren Kriterien für Innovationen, die unmittelbar der Versorgung dienen, meinte Schlenker.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml hatte zuvor erklärt, die Mittel aus dem Innovationsfonds dürften nicht "am grünen Tisch in Berlin" verteilt werden.

Die Länder sollten bei der Verwendung des Geldes ein Mitspracherecht bekommen, weil nur so die regionalen Unterschiede und die Bedürfnisse vor Ort angemessen berücksichtigt werden können, forderte Huml.

Kritisch äußerte sich Schlenker zur künftigen Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen. "Wenn die Versicherten in Zukunft die steigenden Ausgaben allein bezahlen müssen, wird es spätestens 2018 zum großen Knall kommen", sagte der Barmer GEK-Vize.

Schon jetzt seien überdurchschnittlich hohe Ausgabenzuwächse erkennbar, die zum Teil auch auf gesetzliche Änderungen zurückgehen, und die von den Kassen bezahlt werden müssen. "Einen Zuwachs von voraussichtlich sechs Prozent wie in diesem Jahr, halten wir nicht allzu lange durch", sagte er.

Im kommenden Jahr werde das Beitragssatzniveau im Großen und Ganzen noch stabil bleiben, weil die steigenden Ausgaben aus vorhandenen Rücklagen subventioniert werden können, prognostizierte Schlenker. Spätestens 2016 werden sich jedoch die Beitragssätze bei den allermeisten Kassen "in Richtung 16 Prozent" entwickeln.

Deshalb erwarte er spätestens 2017 "heftige Korrekturen" an den Finanzierungsmechanismen, erklärte Schlenker.

Mehr Nachhaltigkeit, eine effiziente Versorgung und eine gerechte Verteilung von Lasten und Nutzen des Gesundheitssystems erwartet der Gesundheitsökonom Professor Matthias Graf von der Schulenburg von der Gesundheitspolitik.

Damit die knappen finanziellen Mittel auf die Kernaufgaben des Gesundheitswesens konzentriert werden können, sei eine offene und transparente Rationierung von Gesundheitsleistungen nötig. "Die Politik muss klar sagen, was nicht geht und was vom Patienten selbst bezahlt werden muss", sagte von der Schulenburg. Wenn es dafür plausible Erklärungen gebe, werde Rationierung von den Menschen auch akzeptiert.

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