SARS-CoV-2-Pandemie
Göring-Eckardt: Vorerst kein neuer Vorstoß für allgemeine Corona-Impfpflicht
Aus der Ampel wird es erst einmal keinen weiteren Anlauf für eine Corona-Impfpflicht geben, sagt die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt bei der Vorstellung eines Buches zur Lage der Intensivmedizin. Dessen Autor schlägt Alarm.
Veröffentlicht:Berlin. Einen neuen Vorstoß der Ampel für eine allgemeine Corona-Impfpflicht wird es nach Einschätzung der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt vorerst nicht geben. „Wir können einen solchen Vorstoß ja nur machen, wenn wir davon ausgehen können, dass wir eine Mehrheit dafür haben“, sagte die Bundestags-Vizepräsidentin anlässlich der Vorstellung eines neuen Buches zur Situation der Intensivmedizin am Mittwoch. Autor ist der Berliner Krankenhausarzt Dr. Daniel Zickler, der auch bei der TV-Dokumentation „Charité intensiv“ mitgewirkt hat.
Impfpflicht? „Haben wir nicht hinbekommen“
Sie selber habe immer gesagt, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Praxen, Kliniken und Heimen nur die „erste Stufe“ sein könne, der eine zweite in Form einer allgemeinen Verpflichtung folgen müsse, betonte Göring-Eckardt. „Das haben wir nicht hinbekommen.“ Gleichwohl sei es weiterhin „Job“ der Politik, alles zu tun, damit sich mehr Bürger impfen ließen. „Der Herbst wird ja kommen.“
Laut Impfdashboard sind derzeit rund 19,4 Millionen Bundesbürger nicht gegen das SARS-CoV-2-Virus geimpft – das entspricht gut 23 Prozent der Gesamtbevölkerung. Für etwa vier Millionen dieser Menschen im Alter von null bis vier Jahren steht bislang allerdings kein zugelassener Impfstoff zur Verfügung.
Bundestag hat entschieden
Aus für allgemeine Corona-Impfpflicht
Nach dem Scheitern der allgemeinen Impfpflicht im Bundestag waren Stimmen laut geworden, die Ampel solle einen zweiten Anlauf starten. Ansonsten gehöre auch die seit Mitte März geltende Teil-Impfpflicht in Arztpraxen, Altenheimen und Krankenhäusern „auf den Prüfstand“, hatte etwa Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erklärt.
Angespannte Situation auf Intensiv
Intensivmediziner Zickler betonte, aus seiner Sicht sei es „sehr sinnvoll“, sich impfen zu lassen. Alles Weitere habe die Politik zu entscheiden. Zuletzt sei die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen zwar zurückgegangen. Dennoch kämen noch immer „tagtäglich“ neue Patienten – vor allem alte und immungeschwächte Menschen.
Spielraum für Lockerungen verbraucht?
Lauterbach: Ohne Corona-Impfpflicht muss die Maske im Herbst bleiben
Die Intensivmedizin habe bereits vor der Pandemie mit Personalengpässen zu kämpfen gehabt – Corona habe die Situation verschärft, berichtete Zickler. „Es ist mehr als bedenklich, wenn Fachkräfte, die ihren Job sehr lieben und ihn über viele Jahre gerne ausgeübt haben, nun bedingt durch Umstände frustriert mit den Füßen abstimmen und das Fachgebiet für immer verlassen.“
Wegen fehlenden Personals seien nicht nur intensivmedizinische Kapazitäten stetig zurückgegangen – so sei die Zahl der betreibbaren Intensivbetten seit Beginn der Pandemie von 12.000 auf zuletzt 9000 gesunken. Auch die Qualität der Intensivmedizin erodiere – trotz hoher Standards.
Personal an ausgewählten Standorten bündeln
Angesichts dessen müsse vorhandenes Personal an den Klinikstandorten „gebündelt“ werden, die gängige intensivmedizinische Verfahren und Apparaturen rund um die Uhr vorhalten könnten. Zudem sei der „Kostendruck“ aus dem System herauszunehmen, forderte Zickler. „Intensivmedizin ist keine Gelddruckmaschine, sie kann nie zu 100 Prozent effizient sein.“
Göring-Eckardt betonte, die Ampel wolle die nächsten ein bis zwei Jahre nutzen, um die Krankenhauslandschaft umzupflügen. Nötig seien einerseits „hoch spezialisierte Schwerpunktkrankenhäuser“ und zugleich ein Versorgungsangebot in der Fläche – erbracht an regionalen Gesundheitszentren oder Polikliniken. Das sei freilich nicht einfach, da sich viele Menschen wünschten, einen Maximalversorger gleich in der Nähe zu haben. „Genau aus diesem Dilemma müssen wir herauskommen.“ (hom)