Präventionsgesetz
Gröhes Verschiebebahnhof
Die Koalition wollte mit dem Präventionsgesetz Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Doch mit der Quersubventionierung der BZgA aus Kassengeldern plant Gröhe einen umstrittenen Verschiebebahnhof. Am heutigen Mittwoch gibt es eine Anhörung im Gesundheitsausschuss.
Veröffentlicht:BERLIN. Das von der Koalition geplante Präventionsgesetz ist nicht Fisch und nicht Fleisch. Vieles ist gut gemeint - einige Passagen aber sind ordnungspolitisch misslungen.
Das geht aus Stellungnahmen hervor, die Verbände anlässlich der Anhörung des Gesetzes im Gesundheitsausschuss abgegeben haben.
Zentraler Vorwurf an das BMG: Weil sich das Ministerium in der Ressortabstimmung nicht durchsetzen konnte, werden nur die Träger im Einflussbereich des Gröhe-Ministeriums finanziell belangt - Kranken- und Pflegekassen.
Zahlen sollen die Kassen
Andere Politikfelder - Verbraucherschutz, Arbeit, Ernährung, Jugend und Familie - würden höchstens auf freiwilliger Basis eingebunden, moniert der Ersatzkassenverband vdek.
Im Gesetzentwurf stehen "Finanzierungsverantwortung und Entscheidungskompetenz der Kassen nicht in einem angemessenen Verhältnis", heißt es in der Stellungnahme des IKK-Verbands. Beispiel Präventionskonferenz.
Dort haben zwar auch Vertreter anderer Sozialkassen einen Sitz, zahlen sollen aber nur die Kassen. Zentraler Streitpunkt bleibt die Einbindung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA).
Sie soll Präventionskampagnen mitentwickeln und ist dafür als zwangsweiser Vertragspartner des GKV-Spitzenverbands vorgesehen.
Mit 35 Millionen Euro soll die Behörde unter dem Dach des BMG von den Krankenkassen alimentiert werden. Ein auch rechtlich fragwürdiger Verschiebebahnhof, monieren die Kassen.
Die Richterin am Hessischen Landessozialgericht, Professor Astrid Wallrabenstein, bezeichnete die gewählte Rechtskonstruktion in der "FAZ" als "Dammbruch". Sie verweist dazu auf Artikel 87 Grundgesetz, in dem festgelegt wird, dass die Sozialversicherung ihre Aufgaben eigenverantwortlich erledigt.
Streit ist vorprogrammiert
Programmiert ist Streit zudem bei der Präventionsempfehlung, die Ärzte ihren Patienten in Form einer ärztlichen Bescheinigung geben können. Für den vdek ist dieses Instrument schlicht "unnötig", denn: "Die Erfahrung zeigt, dass jeder ärztlichen Bescheinigung der Ruf nach zusätzlicher Vergütung folgt."
Tatsächlich unterstellt die Regierung in der Gesetzesbegründung, Ärzten entstehe durch die Bescheinigung kein erhöhter "Erfüllungsaufwand". Falsch, dies generiere eine neue Informationspflicht des Arztes, schreibt die KBV.
Die Bundesärztekammer fordert, die mit der Präventionsempfehlung verbundene Leistung müsse als von den Vorsorgeuntersuchungen unabhängige Präventionsberatung angesehen und entsprechend vergütet werden.
Hinzu kommen praktische Probleme, so die KBV: Unklar bleibe bisher, wie der Arzt eine Präventionsempfehlung abgeben soll, wenn ihm nicht bekannt ist, ob die jeweilige Kasse in ihren Satzungsleistungen überhaupt eine entsprechende Präventionsmaßnahme anbietet.