Bundeskabinett
Grünes Licht für höhere Pflegemindestlöhne
Gute Nachrichten für Altenpfleger: In Ost und West sollen die Mindestlöhne steigen. Streit gibt es derweil um die geplante „Corona-Sonderprämie“ in Höhe von 1.500 Euro.
Veröffentlicht:Berlin. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Weg für höhere Mindestlöhne in der Altenpflege geebnet. Die Ministerrunde von Kanzlerin Angela Merkel nahm eine entsprechende „Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche“ zur Kenntnis. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales soll die Verordnung kurzfristig erlassen.
Danach steigt der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte bis 1. April 2022 in vier Schritten von derzeit 10,85 Euro in den neuen und 11,35 Euro in den alten Bundesländern auf einheitlich 12,55 Euro in Ost und West.
Fachkräfte-Mindestlohn bei 15 Euro
Ab Juli 2021 soll es zudem erstmals einen Mindestlohn für Fachkräfte von 15 Euro geben. Er soll zum 1. April 2022 auf 15,40 Euro steigen. Als Ausgleich für die anstrengende Tätigkeit in der Pflegebranche wird zudem ein bezahlter Mehrurlaub eingeführt. Eine Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern hatte die schrittweise Erhöhung des Pflegemindestlohns Ende Januar einstimmig beschlossen.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonten im Anschluss an die Kabinettssitzung, die Corona-Epidemie führe einmal mehr vor Augen, wie wichtig die Arbeit von Pflegekräften sei. „Ihre verantwortungsvolle Aufgabe wollen wir besser honorieren als bisher.“ Der im Kabinett beschlossene Pflegemindestlohn für die Altenpflege sei „ein guter Anfang“ dafür.
Schätzungen zufolge melden sich in der Altenpflege bereits heute auf 100 freie Stellen nur 27 Bewerber.
Die Bundesregierung sei sich einig, dass ein höherer Mindestlohn nur „ein Schritt“ sei, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, betonten Heil und Spahn. Angesichts der „stark fordernden Situation“ sei auch klar, dass die Beschäftigten für ihren Einsatz in der Corona-Pandemie einen Bonus verdient hätten.
Streit um Corona-Sonderprämie
Die Idee einer Corona-Sonderprämie für die rund 600.000 Beschäftigten der Altenpflege in Höhe von 1500 Euro könnte jedoch an der Frage der Finanzierung und der Frage der Bezieher der Prämie scheitern. Die Pflegearbeitgeber sehen bei der Finanzierung die Pflegekassen in der Pflicht. Die aber winken ab. „Es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Anerkennung, die deshalb nicht allein die Beitragszahler schultern sollten“, sagte die Vorstandschefin des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, am Mittwoch auf Anfrage.Kommentar zur Corona-Prämie
Verlogene Debatte
Auch der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, stellte klar: „Die symbolische Anerkennung für systemrelevante Berufsgruppen, die jetzt in der Corona-Krise verstärkt gefordert sind, muss deshalb vom Bund oder von den Ländern kommen, etwa über zweckgebundene Zuschüsse für die Pflegeversicherung.“
Spahn: Kosten für Prämie fair verteilen!
Gesundheitsminister Spahn betonte nach einer Sitzung des Bundestags-Gesundheitsausschusses am Mittwoch, die Bundesregierung sei sich einig, „dass es einen Bonus geben kann und soll“. Ziel sei es, zu einer „fairen Verteilung der Kosten“ auf Beitrags-, Steuerzahler wie Arbeitgeber zu kommen. Die Prämie solle nicht nur an Pflegebeschäftigte, sondern etwa auch an Reinigungskräfte gehen.
An diesem Mittwoch wollen Altenpflegearbeitgeber und Gewerkschaften dem Arbeits- und dem Gesundheitsministerium einen „geeinten“ Vorschlag unterbreiten, wie eine Finanzierung der Bonuszahlung aussehen kann und wer in den Genuss der Bonuszahlung kommen soll.
Die Opposition reagierte harsch: Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Westig, sprach von einem „erschreckenden Chaos“ bei der Finanzierung der Sonderprämie. Augenscheinlich habe Spahn es versäumt, „mit allen Beteiligten ein vernünftiges Finanzierungskonzept abzustimmen“, sagte Westig. Die Pflegesprecherin der Linksfraktion, Pia Zimmermann, nannte das Gerangel um Bonuszahlungen „unwürdig“.
Am Nachmittag legten dann Pflegearbeitgeber und Gewerkschaften ihre differenzierten gemeinsamen Empfehlungen zur Auszahlung einer Corona-Prämie vor.