Notfalls Streik

Hamburgs Ärzten ist das Feuilleton egal

Die Ärzte in Hamburg verlieren den Glauben an die Krankenkassen - und nennen sie "Vertragsgegner". Ein Ende des Honorarstreits erwartet die KV-VV in der Hansestadt nicht - und bastelt an einem Not-HVM. Streik liegt in der Luft.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Hoch die Faust! In Hamburg stehen die Zeichen auf Protest.

Hoch die Faust! In Hamburg stehen die Zeichen auf Protest.

© Pixel Embargo / fotolia.com

HAMBURG. Dr. Michael Späth ist kein Mann der unüberlegten Worte. Wenn der erfahrene Vorsitzende der KV-Vertreterversammlung die Krankenkassen als "Vertragsgegner" bezeichnet, spricht dies für eine lang anhaltende Enttäuschung über die bisherigen "Vertragspartner".

Späth ist einer der Hamburger Ärztevertreter, die einen "anderen Umgang" mit den Kassen einläuten.

Denn nach Einschätzung der gesamten KV-Führungsspitze wird es auch nach dem vierten Oktober kein Einlenken der Kassen geben - und damit ist keine bessere finanzielle Situation der Hamburger Praxen, die sich in den vergangenen Jahren ohnehin benachteiligt sehen, in Sicht.

Die Ärzte fühlen sich von den Kassen, aber auch von der Politik betrogen. Späth ging die Bundesregierung hart an: von der 2009 zugesagten Verbesserung sei bei den versorgenden Ärzten nichts angekommen.

Unterstützung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr? Fehlanzeige.

Als "Perversion" empfindet Späth nun die Sonderzahlungen einzelner Kassen an ihre Mitglieder - schließlich hätten Ärzte dieses Geld über die Praxisgebühr zunächst von den Patienten einsammeln müssen, damit die Kassen es nun wieder ausschütten, statt es in die Versorgung zu investieren.

Für den 7. November sind Aktionen geplant

Zum Ausdruck kommen wird der neue Umgang zunächst durch eine Vollversammlung am siebten November, die um elf Uhr morgens - zur besten Sprechstundenzeit - stattfinden soll.

Wie groß die KV-Vertreter den Unmut der Basis einschätzen, zeigt die Wahl des Veranstaltungsortes: die KV überlegt, das Kongresszentrum CCH zum Treffpunkt zu machen. Die Basis soll dann über einen Not-HVM und andere Maßnahmen wie Streik abstimmen.

Mit der Erarbeitung hat die Vertreterversammlung die KV-Verwaltung bereits beauftragt. Details stehen zwar nicht fest, aber KV-Chef Dieter Bollmann machte klar, dass es dann nur noch Vergütung für die Grundversorgung geben kann - RLV und QZV werden wohl außer Kraft gesetzt.

"Wir müssen uns auf die Basisversorgung konzentrieren, um klar zu machen: für endliches Geld kann es keine unendliche Leistung geben", sagte Dr. Dirk Heinrich zum Not-HVM.

Der Sprecher der bundesweiten Allianz deutscher Ärzteverbände hält diesen Weg für Erfolg versprechend, auch weil die Einigkeit zwischen Ärzteverbänden und Körperschaften nie so groß war wie derzeit.

Von allen geliebt werden? Das geht nicht.

Dies zeigte auch die Unterstützung durch BDI-Präsident Dr. Wolfgang Wesiack, auch wenn dieser den Schwung der Funktionäre derzeit größer einschätzt als den der Basis.

Dort noch bestehende Vorbehalte gegen Auseinandersetzungen, die bis zum Streik reichen können, versuchte Dr. Michael Reusch zu zerstreuen.

Der Bundesvorsitzende des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD) beschrieb die Haltung mancher Kollegen so: "Ärzte wollen streiken und dafür noch geliebt werden - das geht nicht."

Er und Späth erinnerten an die erfolgreiche Strategie der Piloten im Kampf um mehr Geld. Wenn Ärzte mehr Geld für die Versorgung einfordern, müssten sie auch bereit sein, dafür öffentliche Kritik einzustecken.

Reusch: "Damit müssen wir gelassen umgehen, das kriegen wir schon hin. Wir können nicht erwarten, dass das Feuilleton deshalb begeistert rauscht. Na und?"

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