Bundespräsident fordert
Höchste Priorität für die Pflege!
Bei der Eröffnung des Deutschen Seniorentages waren die Arbeitsbedingungen in der Pflege das zentrale Thema. Bundespräsident Steinmeier drängt mahnt Tempo an.
Veröffentlicht:DORTMUND. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine Aufwertung des Pflegebereichs angemahnt.
"Pflege muss auf der politischen Agenda erste Priorität bekommen", sagte Steinmeier bei der Eröffnung des 12. Deutschen Seniorentags in Dortmund, dessen Schirmherr er ist.
Der Handlungsbedarf sei im Koalitionsvertrag ausführlich beschrieben. "Jetzt muss dementsprechend gehandelt werden, vor allem im Hinblick auf neue Stellen, auf die Arbeitsbedingungen, die Ausbildung und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege."
Natürlich seien Wirtschaft und Technik überlebensnotwendig für die Gesellschaft und die Zukunft des Landes, die Angehörigen der wissenschaftlichen und technischen Berufe hätte höchste Anerkennung verdient. Doch darüber dürfe man den Menschen und das Zusammenleben in der Gesellschaft nicht vergessen.
"Es ist allerhöchste Zeit, dass die, die nicht an Maschinen und Autos arbeiten, die, die mit Menschen arbeiten: kurz: die pflegenden Berufe endlich die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen", betonte der Bundespräsident. Er selbst wolle dazu seinen Beitrag leisten.
"Kann nicht billig sein"
Der aktuelle Zustand in der Altenpflege bereitet ihm Sorge. Die Pflegerinnen und Pfleger in den Einrichtungen seien oft heillos überfordert, viele würden resignieren und den Beruf verlassen. "Das muss uns alle aufrütteln."
Als "Leib- und Seelsorge in einem" brauche Pflege die bestmögliche Qualifikation. Sie könne nicht billig sein und dürfe nicht auf Kosten der Pflegekräfte billig gemacht werden. "Ich hoffe, dass das Wort ‚Pflegenotstand‘ nicht dauerhaft zu unserem Sprachgebrauch gehören muss", sagte Steinmeier.
Für Franz Müntefering, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), sind ordentliche Tarifverträge eine Voraussetzung für die Verbesserung der Situation.
Die aktuelle Lage führt der ehemalige SPD-Vorsitzende und Bundesarbeitsminister darauf zurück, dass in der Pflege vor allem Frauen tätig sind. "Wenn in der Pflege so viele Männer beschäftigt wären wie Frauen, dann hätten wir auch höhere Löhne." Der dreitägige Seniorentag wird von der BAGSO organisiert.
Höhere Vergütung für Pflegekräfte
Das Pflegeberufegesetz sei ein wichtiger Schritt für eine Verbesserung der Situation, sagte Bundesministerin Franziska Giffey (SPD), die im Kabinett unter anderem für Familie und Senioren zuständig ist. Eine höhere Vergütung für die professionell Pflegenden sei wichtig, aber nicht alles.
Die Pflegekräfte wünschten sich auch mehr Zeit. "Nur satt und sauber reicht nicht, dafür müssen wir eintreten", sagte sie. Giffey forderte auch einen anderen Umgang der Gesellschaft mit älteren Menschen.
"Wir brauchen an vielen Stellen eine neue Kultur des Respekts vor dem Alter." Es gehe um Respekt, Anerkennung, Wertschätzung und – wenn die Menschen es brauchen – auch um Fürsorge.
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kritisierte, dass die Pflege nicht mit am Tisch sitzt, wenn es um die Gestaltung der Rahmenbedingungen geht. Als Beispiel nannte der ehemalige Pflegebeauftragte der Bundesregierung den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), in dem die Pflege nicht mitentscheiden könne.
Pflege organisieren wie Ärzteschaft
"Die Pflege muss in Deutschland genauso organisiert werden wie die Ärzteschaft", sagte er. Nach den Sommerferien werde es deshalb in Nordrhein-Westfalen eine Befragung der Pflegenden geben, welche Eigenorganisation sie sich wünschen.
Für eine gute Versorgung der zunehmenden Zahl an Pflegebedürftigen sei auch von großer Bedeutung, dass es genügend Hausärzte gibt. Für Laumann ist der Kampf gegen den Hausarztmangel in NRW insbesondere in den ländlichen Regionen ein zentrales Thema der gesundheitspolitischen Agenda.
"Das Kabinett wird am Dienstag eine Landarztquote beschließen", kündigte er an.
Junge Menschen, die später als Hausarzt auf dem Land arbeiten wollen, müssten auch einen Studienplatz bekommen.
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