Kinderärzte finden Schritt richtig

Höhere Impfpriorisierung von Lehrern und Erziehern ist umstritten

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hält die neue, höhere Priorisierung von Erziehern und Lehrern bei den Corona-Impfungen für nachvollziehbar. Kritik kommt vom Ethikrat – und von Patientenschützern.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Unterricht in einer Grundschule. Die höhere Impfpriorisierung von Lehrern und Erziehern ist umstritten.

Unterricht in einer Grundschule. Die höhere Impfpriorisierung von Lehrern und Erziehern ist umstritten.

© Patrick Pleul/dpa/dpa-Zentralbild

Berlin. Kinderärzte haben die geplante höhere Priorisierung des Bildungspersonals bei den Corona-Impfungen begrüßt. Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Thomas Fischbach, nannte den Schritt „nachvollziehbar“.

Das sei richtig, da Kitas und Schulen jetzt wieder geöffnet würden und dies „dauerhaft“ geschehen müsse. „Wir können ja nicht dauernd rein in die Kartoffeln und wieder raus aus den Kartoffeln“, sagte Fischbach der „Ärzte Zeitung“ am Dienstag.

Lesen sie auch

„Ergänzung im Schutzkonzept“

Aktuelle Studien wiesen zudem darauf hin, dass Corona-Infektionen häufig durch das Lehrpersonal und nicht so sehr durch Kinder und Jugendliche in die Schulen getragen würden, betonte Fischbach. Kinder könnten derzeit aber noch nicht geimpft werden.

Impfungen bedeuteten nicht, dass Abstands- oder Hygieneregeln nicht länger befolgt werden müssten. „Impfungen stellen eine Ergänzung im Schutzkonzept für Schulen und Kitas dar.“

„Selbsterklärend“ sei, dass auch niedergelassene Haus- und Fachärzte bei den Impfungen vorgezogen werden müssten, so Fischbach. Sie hätten nicht selten Kontakt mit Infizierten, sollten demnächst selber in ihren Praxen impfen und müssten daher auch vor einer Infektion geschützt werden, forderte der BVKJ-Chef.

Auch Ärzte höher einstufen

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich am Montagabend darauf verständigt, Bildungspersonal in der zweiten Priorisierungsgruppe einzustufen. Begründet wurde dies mit der Wiederöffnung von Kitas und Schulen in der Pandemie.

Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer wollten die Entscheidung auf Anfrage nicht kommentieren. Die KBV hatte zuletzt mehrfach gefordert, Haus- und Fachärzte bei den Impfungen vorzuziehen.

Ethikrats-Chefin mit „gemischten Gefühlen“

Zurückhaltend reagierte der Deutsche Ethikrat. Sie habe „sehr gemischte Gefühle“, was das Vorziehen der Lehrer und Erzieher bei den Impfungen betreffe, sagte die Vorsitzende des Ethikrats, Professor Alena Buyx, dem „Deutschlandfunk“ am Dienstag.

Sie könne zwar die „politische Motivation“ verstehen – Kitas und Schulen seien immerhin „essenzielle Bereiche“ der Gesellschaft, sagte Buyx. Sie hätte sich aber gewünscht, für die Pädagogen mehr Sicherheit über Tests herzustellen. Stünden im zweiten Quartal so viele Vakzine wie von den Herstellern angekündigt bereit, gebe es demnächst ohnehin genügend Impfstoff, um die ersten drei Priorisierungsgruppen durchzuimpfen.

Immer mehr Berufsgruppen könnten auf frühere Impfung drängen

Kritisch äußerte sich auch der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Der Bundestag habe mit der Impfpriorisierung Leib und Leben von alten, pflegebedürftigen und schwer kranken Menschen schützen wollen. „Denn diese Gruppe macht 90 Prozent der COVID-19-Toten aus“, sagte Brysch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Dienstag.

Die Koalitionsfraktionen hätten aber ein Gesetz verhindert, wonach allein der Bundestag über die Impfreihenfolge entscheiden sollte. „Dieser Fehler fällt dem Bundesgesundheitsminister jetzt auf die Füße“. Ohne parlamentarisch legitimierte Priorisierung würden immer mehr Berufsgruppen auf eine frühere Impfung drängen, warnte Brysch.

FDP drängt auf Öffnungsstrategie

Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus nannte die Entscheidung dagegen „überfällig“, Lehrer und Erzieher seien „ultrasystemrelevant“. Der Dauer-Lockdown zehre an den Kräften der Eltern und den Nerven der Kinder.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dürfe daher nicht länger „wortreich“ eine Öffnungsstrategie verweigern, mahnte Aschenberg-Dugnus. „Wir brauchen endlich einen Stufenplan mit klaren Wenn-dann-Regeln.“

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Abb. 1: Prozentualer Anteil der Patientinnen und Patienten pro Gruppe mit den genannten Symptomen zum Zeitpunkt der Visite 1 (Erstvorstellung) und Visite 2 (24–72h nach Erstvorstellung).

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [13]

Akute Otitis media – Behandlungsoptionen in der Praxis

Leitlinienbasierte Therapie für schnelle Symptomverbesserung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Homöopathisches Laboratorium Alexander Pflüger GmbH & Co. KG, Rheda-Wiedenbrück

ADHS und Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Guter Schlaf durch schnell freisetzendes Melatonin

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Medice Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Tab. 2: Schlaf bei Kindern nichtpharmakologisch optimieren

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach Angaben von Prof. Dr. Christian F. Poets und [6]

Einschlafstörungen und Melatonin

Was braucht es für einen gesunden Schlaf bei Kindern und Jugendlichen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: P&G Health Germany GmbH, Schwalbach am Taunus
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!