Obamacare
Hohe Versicherungszahlen beflügeln US-Regierung
Für die US-Regierung wendet sich das Blatt bei der Gesundheitsreform langsam: Acht Millionen Versicherungsabschlüsse zählt sie in den vergangenen sechs Monaten. Bei landesweiten Umfragen fällt das Reformgesetz jedoch weiter durch.
Veröffentlicht:WASHINGTON. Die neuesten Zahlen zur US-Gesundheitsreform geben Präsident Obama und seinen demokratischen Kongresskollegen den dringend benötigten politischen Auftrieb: Acht Millionen Amerikaner haben sich laut Regierung seit Anfang Oktober über die neuen Online-Versicherungsbörsen eingeschrieben.
Das sind rund eine Million Versicherte mehr als ursprünglich angepeilt. Angesichts dessen, dass in den ersten Wochen auf der neuen Internetseite alles schieflief, hatten das selbst unbeirrbare Optimisten für unmöglich gehalten.
Nach dem Pannenstart hatte Obama keinen Hehl aus seiner Frustration gemacht. Um so mehr war ihm nach dem Ablauf der Einschreibungsfrist die Erleichterung und Genugtuung anzumerken, als klar wurde, dass das Ziel mehr als erreicht worden war.
Viele junge Erwachsene versichert
Endlich hatte der Präsident wieder einmal die Gelegenheit, nicht nur auf die guten Zahlen, sondern auch auf andere Errungenschaften der Reform hinzuweisen. Er zitierte Briefe von dankbaren Landsleuten, die jetzt eine erschwingliche Versicherung haben, statt wie vorher wegen Vorerkrankungen exorbitante Beiträge bezahlen zu müssen.
Oder diejenigen, bei denen kurz nach Versicherungskauf Krebs diagnostiziert wurde und jetzt nicht befürchten müssen, von den Behandlungskosten in den finanziellen Ruin getrieben zu werden. Oder die, die durch eine Versicherung zum ersten Mal in den Genuss einer Vorsorgeuntersuchung kamen.
Obama brachte zudem in Erinnerung, dass zusätzlich drei Millionen junge Erwachsene versichert sind, weil sie durch die Reform erstmals mit den Policen ihrer Eltern ebenfalls versichert sind. Millionen von Senioren profitieren darüber hinaus von neuen Regelungen, die die Selbstbeteiligung beim Medikamentenkauf drosseln.
Obama erwähnte auch, dass sich zusätzlich drei Millionen Niedrigverdiener in das Versicherungssystem für Arme eingeschrieben haben. Eine neue Studie der RAND Corporation ("Research ANnd Development" - eine Denkfabrik in den USA) hält diese Zahl jedoch für viel zu niedrig. RAND zufolge ist die Beteiligung an Medicaid seit September 2013 sogar um 5,9 Millionen gestiegen.
Weiter miese Werte bei den Umfragen
Für Obama und seine demokratischen Kongresskollegen, von denen einige um ihre Wiederwahl im Herbst bangen, ist es gut, dass Forschungsinstitute wie RAND ebenfalls positive Reformzahlen vermelden. So stimmen zum Beispiel Gallup und die Robert Wood Johnson Foundation mit RAND darin überein, dass der Anteil der Nichtversicherten stark gesunken ist - von über 20 Prozent auf rund 15 Prozent.
Die Demokraten brauchen vor den Kongresswahlen im November mehr gute Nachrichten von der Reformfront. Denn laut Meinungsumfragen ist die Öffentlichkeit nach wie vor alles andere als begeistert von "Obamacare": 50 Prozent stehen dem Gesetz negativ gegenüber, so eine Anfang April durchgeführte Studie des Pew Research Center und der Tageszeitung USA Today. Nur 37 Prozent sehen es positiv.
Unter konservativen Wählern ist die Negativeinstellung besonders ausgeprägt: 83 Prozent verurteilen die Reform. Was demokratische Kongressabgeordnete besonders fürchten müssen, ist jedoch, dass auch unter unabhängigen Wählern das Gesetz keineswegs beliebt ist: 54 Prozent lehnen es ab, nur 34 Prozent sind dafür.
Republikaner suchen die Konfrontation
Die republikanische Opposition wittert daher ihre Chance, bei den Kongresswahlen im November die Senatsmehrheit zu ergattern und damit die Kontrolle im Parlament.
Angesichts der ermutigenden Versichertenzahlen machte Obama seinen demokratischen Kollegen Mut, stolz zu den Reformerrungenschaften zu stehen.
Die Republikaner, die nach wie vor darauf bestehen, das Gesundheitsgesetz aus den Angeln zu heben, warnte er mit den Worten: "Am Ende werden die Geschichtsbücher diejenigen verurteilen, die ihren Landsleuten eine grundlegende ökonomische Absicherung verwehren wollen - genau das, was (das Reformgesetz) repräsentiert."