Gesundheitswesen am Limit
Immer mehr britische Ärzte und Pflegekräfte an COVID-19 erkrankt
In Großbritannien sind derzeit rund 46.000 Ärzte, Pflegekräfte und NHS-Beschäftige an COVID-19 erkrankt. Sie fehlen in den Kliniken und Praxen sowie bei den Corona-Impfungen. Ein ernstes Problem für das britische Gesundheitswesen.
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In Großbritannien sind immer mehr Ärzte und Pflegekräfte mit SARS-CoV-2 infiziert. Sie fehlen in den Kliniken und Praxen sowie bei den Impfungen. Berufsverbände fordern deshalb, Mitarbeiter des Gesundheitswesens bevorzugt zu impfen.
© Jakub Porzycki / NurPhoto / picture alliance
London. In Großbritannien erkranken immer mehr Hausärzte, Klinikärzte, Praxis- und Pflegepersonal sowie andere Beschäftigte des Gesundheitswesens an COVID-19. Das behindert den Kampf gegen die Pandemie und hat große britische Berufsverbände jetzt dazu veranlasst, die „schnellstmögliche Impfung aller Ärzte“ zu fordern.
Das Problem ist ernst. Laut britischem Ärztebund (British Medical Association, BMA) sind in Großbritannien inzwischen rund 46.000 Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal und andere Beschäftigte des staatlichen britischen Gesundheitsdienstes (National Health Service, NHS) an COVID-19 erkrankt.
Das bedeutet laut BMA, dass in den Hausarztpraxen und Kliniken derzeit rund 46.000 Fachkräfte fehlen – in einer Zeit, in der das britische Gesundheitswesen unter enorm großem Druck steht.
Viele Infektionen und das Impfprogramm soll weiterlaufen
„Es ist extrem wichtig, dass Ärzte, Pflegekräfte und anderes Gesundheitspersonal in diesen schweren Krisenzeiten fit und gesund bleiben, um so durch die kommenden schweren Wochen und Monate zu kommen“, schreibt der BDA-Chairman Dr. Chaand Nagpaul in einem offenen Brief.
Der Brief war zwar ursprünglich nur für die rund 100.000 BMA-Mitglieder gedacht. Doch inzwischen greifen auch viele Publikumsmedien das Thema COVID-kranker Ärzte und Pfleger auf.
Dr. Nagpaul weiter: „In den kommenden Wochen und Monaten werden die Patientenzahlen weiter steigen und Kliniken sind schon heute am Limit. Dazu wird von uns Ärzten erwartet, das größte Massenimpfprogramm in der britischen Geschichte zu begleiten und abzuwickeln. Das geht nur, wenn die Ärzte gesund sind.“
Arbeitstag von 16 Stunden und doch kein Land in Sicht
Ein gutes Beispiel für den Ernst der Lage ist die südenglische Grafschaft Kent. Dort sind nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden derzeit rund 25 Prozent der Ärzte- und Pflegerschaft krank – viele davon als Folge einer COVID-19-Infektion in häuslicher Quarantäne. In einigen Hausarztpraxen fehlt inzwischen sogar die Hälfte des Praxispersonals.
Zugleich wurde NHS-Hausärzten und den Impfzentren im Land von Premierminister Boris Johnson das ehrgeizige Ziel gesetzt, „bis Mitte Februar 15 Millionen COVID-19-Risikopatienten zu impfen“. Laut Ärzten ein fast unmöglich zu schaffendes Ziel.
Eine Blitzumfrage der „Ärzte Zeitung“ in Londoner Hausarztpraxen und Kliniken ergab, dass Ärzte und Praxis- und Klinikpersonal am Limit sind. „Ich arbeite täglich bis zu 16 Stunden und trotzdem habe ich das Gefühl, das reicht alles nicht“, so ein Londoner Klinikarzt, der namentlich nicht genannt werden möchte. (ast)