COVID-19

Impfpflicht-Debatte im Bundestag: Scholz trifft auf erbitterten Widerstand

Die Ampel-Koalition erntet für ihren Gesetzentwurf zur Corona-Impfpflicht Protest von allen Seiten des Bundestags: Die Union geht in den Oppositionsmodus – und die Linke kritisiert „Planlosigkeit“.

Von Florian Staeck Veröffentlicht:
Olaf Scholz (SPD), designierter Bundeskanzler, fasst sich im Bundestag an den Kopf. In der Sitzung geht es unter anderem um weitere Corona-Maßnahmen wie die von SPD, Grünen und FDP geplante SARS-CoV-2-Impfpflicht für Personal in Kliniken oder Pflegeheimen.

Olaf Scholz (SPD), designierter Bundeskanzler, fasst sich im Bundestag an den Kopf. In der Sitzung geht es unter anderem um weitere Corona-Maßnahmen wie die von SPD, Grünen und FDP geplante SARS-CoV-2-Impfpflicht für Personal in Kliniken oder Pflegeheimen.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Der Bundestag hat am Dienstag erstmals über eine Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheitsberufen und Berufsangehörige, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen, kontrovers debattiert. Bis zum 15. März 2022 sollen Beschäftigte in diesen Einrichtungen einen Impfnachweis vorlegen. Danach dürfen neue Arbeitsverhältnisse nur noch begonnen werden, wenn ein Impfnachweis existiert.

Verschoben haben die Ampel-Koalitionäre dagegen das Vorhaben einer Corona-Prämie für Pflegekräfte. Man werde Anfang des kommenden Jahres eine gesetzliche Regelung anpacken, versicherte Sabine Dittmar (SPD). Dass die Zahl der täglichen Impfungen auf zuletzt rund 800.000 gestiegen sei, bezeichnet Dittmar als „gut, aber nicht gut genug“. Damit verteidigte sie das umstrittene Vorhaben, vorübergehend auch Apothekern, Zahn- und Tierärzten Corona-Schutzimpfungen zu gestatten.

Attacke auf „linksgelbe Koalition“

Der Unions-Abgeordnete Stephan Stracke setzte den Ton der Debatte, als er der „linksgelben Koalition“ fortdauernde Versäumnisse vorwarf. „Sie schließen Lücken, die Sie selbst aufgerissen haben“, sagte er unter Verweis auf das Auslaufen der pandemischen Lage am 25. November. Diese hatte der Regierung viele Sondervollmachten an die Hand gegeben. Dass die Ampel nunmehr nachbessere, „wäre nicht nötig gewesen, wenn Sie auf uns gehört hätten“, sagte Stracke.

Ampel-Vertreter reagierten genervt auf die Vorhaltungen: „Wann hören Sie endlich mit ihrer Geschichte auf?“, fragte für die Grünen Britta Haßelmann. Die Union beharre auf einer rechtstechnischen Frage, äußere sich aber nicht zu aktuellen Herausforderungen, beispielsweise mit Blick auf die Impfkampagne.

Wir müssen Ihnen nicht als Claqueure hinterherlaufen.

Thorsten Frei (CDU), im Bundestag, gewandt an die Abgeordneten der Ampel-Koalition

Auch die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink zeigte sich „verwundert und enttäuscht“, dass die Unionsfraktion nicht ein gemeinsames Signal des Bundestags mittrage. Die Antwort des Unions-Abgeordneten Thorsten Frei fiel bündig aus: „Wir müssen Ihnen nicht als Claqueure hinterherlaufen.“

Linke geißelt „Planlosigkeit“

Der Instrumentenkasten, der Bund und Ländern nach dem neuen Infektionsschutzgesetz zur Verfügung stehe, sei zu klein bemessen, so Frei. Fitnessstudios oder Schwimmbäder etwa könnten nach der aktuellen Rechtslage nicht geschlossen werden. Frei vermisst auch eine Impfpflicht für Beschäftigte in Schulen und Kitas. Die Ampel, so sein Fazit, lege lediglich ein Reparaturgesetz vor. „Das hat mit Regierungsverantwortung nichts zu tun“, befand der CDU-Politiker.

Für die Linksfraktion kritisierte Susanne Ferschl, die „Planlosigkeit“ der Ampel erreiche mit dem Gesetzesvorschlag „einen neuen Höhepunkt“. Die „Freedom-Day-Euphorie“ der FDP sei auf die „Corona-Realität“ getroffen, befand sie. Die Impfpflicht für Pflegekräfte gehe auf Kosten der Beschäftigten, „die seit vier Corona-Wellen ihren Kopf hinhalten“. Alice Weidel von der AfD attestierte den Ampel-Koalitionären, sie stünden in „einer unguten Tradition der Vorgängerregierung“. Sie bezeichnete die Impfpflicht für die vorgesehenen Berufsgruppen als „unerhörte Grenzüberschreitung“.

Ausgleichszahlungen für Kliniken

Wieder eingeführt werden sollen mit dem Gesetzentwurf Ausgleichszahlungen für die Krankenhäuser, die vorsorglich für die Behandlung von COVID-19-Patienten Betten freihalten und hierzu planbare Operationen verschieben. Unterstützt werden sollen auch Kliniken, die nicht direkt in die Versorgung von Corona-Patienten eingebunden sind, aufgrund von Freihalteanordnungen der Länderregierungen aber „aktuell und perspektivisch stark belastet sind“. Die Höhe der Ausgleichszahlungen wird auf 1,1 Milliarden Euro im Monat geschätzt.

Der Entwurf wurde vom Bundestag an den Hauptausschuss zur Beratung überwiesen. Am Freitag soll die abschließende Lesung des Gesetzes stattfinden. Dann soll auch die Länderkammer zustimmen.

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