Bericht der Wettbewerbszentrale
Irreführung mit Brief und Siegel – auch im Gesundheitsmarkt
Die Wettbewerbszentrale kann sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen. Ein Hotspot: Überlautes Eigenlob mit Hilfe fragwürdiger Gütesiegel.
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Werbung trägt gerne mal etwas dicker auf. Wenn’s zu dick kommt, schreitet die Wettbewerbszentrale ein.
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Bad Homburg. Auch im überwiegend sozialgesetzlich befriedeten Gesundheitsmarkt spielt sich Konkurrenz bisweilen beinhart, auch mit unfairen Mitteln ab. Wie die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs am Dienstag mitteilte, musste sie sich vergangenes Jahr allein in diesem Wirtschaftszweig mit rund 900 Anfragen und Beschwerden auseinandersetzen. Dieses Jahr seien bis dato rund 750 Eingaben in Bad Homburg aufgelaufen.
Zu den aktuellen Themen der Zentrale zählt den Angaben zufolge auch irreführende Werbung mithilfe von Siegeln und Auszeichnungen. Dieser Praktik bedienen sich offenbar sowohl Kliniken und Ärzte als auch Krankenkassen. Wobei der Schwerpunkt momentan wohl noch eher bei den Kassen liegt. Gleich in vier Fällen habe man Kostenträger abgemahnt, heißt es.
So habe sich beispielsweise ein Anbieter mit dem Titel „TOP-Krankenkasse“ geschmückt, obwohl er in einem Ranking mit 63 weiteren Kassen lediglich einen 18. Platz belegen konnte. In einem anderen Fall habe sich eine Kasse selbst als Nachhaltigkeits-Champion“ gelobt, obwohl diese Qualifizierung lediglich auf einer Verbraucherbefragung mit vorgegebenen Antworten beruhte.
Focus-Arztsiegel wird erneut verhandelt
In einem dritten Fall hatte laut Mitteilung eine Kasse für sich mit der Note „sehr gut“ geworben – während 14 weitere Anbieter in dem zugrundeliegenden Vergleich mit der Bewertung „excellent“ sehr viel besser abgeschnitten hatten. In zweien dieser Vorgänge hätten die Kassen inzwischen Unterlassungserklärungen abgegeben, heißt es. Um welche Fälle es sich handelt, wird nicht gesagt.
Unterlassung gelobten demnach auch bereits zwei Kliniken, die sich als die „Besten“ ihres Fachs präsentierten. Ein Haus, berichtet die Zentrale, habe sich als „die beste Haarklinik Deutschlands“ angepriesen, ohne irgendwelche Belege für dieses Urteil beizubringen. Ein anderes Haus schmückte sich mit einem Siegel als „Deutschlands beste neurologische Klinikgruppe“. Laut Zentrale gab es jedoch weder eine Fundstelle zur Nachprüfbarkeit dieser Aussage, noch ließ sich diese Beurteilung auf eine Prüfung durch einen neutralen Dritten zurückführen.
Anker-Verfahren der Wertmarkenwerbung im ärztlichen Markt ist für die Zentrale nach wie vor der Striet mit dem Burda-Verlag wegen dessen – käuflicher – Gütezeichen „Top-Mediziner“ oder „Focus-Empfehlung“. Im Februar dieses Jahres war bereits das Landgericht München I den Argumenten der Wettbewerbszentrale gefolgt und hatte die Vergabe beider Siegel als unlauter und irreführend untersagt. Dagegen ist der Verlag in Berufung gegangen. Nächster Verhandlungstermin, vor dem Oberlandesgericht München, ist der 11. Juli 2024. (cw)