TV-Kritik

Jauch scheut die Tiefen der Pflege

In seiner Sendung am Sonntag hat sich Günther Jauch mit seinen Gästen der Pflege in Deutschland gewidmet. Leider wollte der Moderator auf Details nicht eingehen - und zeigte stattdessen ein Filmchen über Mängel im Heim, das nur plump war.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Die illustre Runde um Moderator Günther Jauch (4.v.l.): Martin Woodtli, Gründer eines Alzheimer-Zentrums in Thailand (v.l.), CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, die ehemalige Bundes-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sowie (v.r.) Günther Schröder, Leiter eines Alten- und Pflegeheims, und Moderatorin Carola Ferstl.

Die illustre Runde um Moderator Günther Jauch (4.v.l.): Martin Woodtli, Gründer eines Alzheimer-Zentrums in Thailand (v.l.), CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, die ehemalige Bundes-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sowie (v.r.) Günther Schröder, Leiter eines Alten- und Pflegeheims, und Moderatorin Carola Ferstl.

© Müller-Stauffenberg / imago

BERLIN. Günther Jauch ist das Zugpferd der ARD. Jeden Sonntag spannt man ihm fünf, sechs Pferde ins Geschirr und schickt das Gespann in die Nacht.

Dumm nur, dass das Zugpferd stets Scheuklappen aufhat und stur geradeaus galoppiert. Zucker gibt's offenbar nur, wenn es Umwege meidet.

Auch Sonntagabend ist ihm wieder der Gaul durchgegangen, man hätte es ahnen können, bevor man auf seinem Karren Platz nahm, schon das Motto der Sendung war schließlich beredt genug: "Kostenfaktor Oma - wird Pflege unbezahlbar?"

Oma Helmi war da, mit 96 Jahren gleichsam die Rosinante des Abends, die Vollblüter Ulla Schmidt und Jens Spahn, beide temperamentvoll genug, um selbst die Richtung vorzugeben, dazu einige Warm- und Kaltblüter wie die TV-Moderatorin Carola Ferstl, die sowohl ihre Groß- als auch ihre Schwiegermutter gepflegt hat, der Unternehmer Martin Woodtli, der in Thailand ein Alzheimer-Zentrum gegründet hat, und Günter Schröder, seines Zeichens Leiter eines katholischen Alten- und Pflegeheims.

Alle miteinander hätten die abendliche Spazierfahrt zu einem unterhaltsamen Ausflug gestalten können - wenn das Zugpferd sie nur gelassen hätte.

Was zu sagen war, hörten die Zuschauer gleich zu Beginn

Die Pflege in Deutschland ist zu teuer, die Pflegekräfte haben zu wenig Zeit für ihre Patienten, Pflegeheime im oder schwarz arbeitende Pflegekräfte aus dem Ausland sind günstiger und zudem rund um die Uhr für ihre Patienten da.

Was zu sagen war, tat der Moderator schon gleich zu Beginn der Sendung kund und ließ davon während der darauf folgenden 60 Minuten nicht einmal ab.

Da konnte die ehemalige Gesundheitsministerin Schmidt noch so sehr auf die Qualität der Pflege pochen oder CDU-Gesundheitsexperte Spahn die heimischen Pflegekräfte in Schutz nehmen oder Altenheim-Leiter Schröder die bürokratischen Vorgaben geißeln.

Nein, auf "Details" wollte Jauch nicht eingehen, dann doch lieber einen weiteren Einspieler abspulen, beispielsweise zu den vermeintlichen Mängeln in deutschen Heimen.

Ein Filmchen, das sich investigativ gab, aber so plump boulevardesk daherkam, dass man sich als Zuschauer schon fremdschämte.

Blumenstrauß für Oma Helmi

Trauriger Höhepunkt der Sendung ist, als Moderator Jauch nach 58 Minuten aufspringt, zu Oma Helmi trabt und ihr das Schlusswort in den Mund legt.

Nein, dass alte Menschen ins Ausland abgeschoben werden, in ein wildfremdes Land, so weit weg von daheim, wo man noch nicht einmal deutsch spricht, nein, das finde sie gar nicht gut.

So brav sagt sie das auf, dass sie dafür vom Moderator einen hübschen Blumenstrauß überreicht bekommt. Da strahlte die 96-Jährige und verrät, dass sie von einem anderen ARD-Zugpferd, Jauchs Kollegen Plasberg ("Hart, aber fair"), keine Blumen erhalten hat.

Da strahlt auch der Jauch.

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