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Juristen zerreißen und loben den Kompromiss zu 219a

Bei der Anhörung im Rechtsausschuss prallen Befürworter und Gegner aufeinander.

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BERLIN. Sachverständige haben am Montag bei der Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags den Koalitions-Kompromiss zum Paragrafen 219a StGB seziert oder verteidigt. Die geplante Regelung sieht vor, dass Ärzte künftig nur über die Tatsache, dass sie Abtreibungen anbieten, informieren dürfen.

Für weitere Angaben, unter anderem die dabei angewandten Methoden, dürfen sie nur auf eine Liste von Ärzten verweisen, die beispielsweise von der Bundesärztekammer geführt werden soll.

Verfassungsrechtlich unhaltbar

Aus Sicht des Hamburger Strafrechtsprofessors Reinhard Merkel normiert auch der neue Paragraf 219a Strafandrohungen, „die jenseits des verfassungsrechtlich Zulässigen liegen“. Denn es sei „unangemessen und unverhältnismäßig, sachliche Hinweise auf den rechtmäßigen Ausweg aus einer vom Gesetz als unzumutbar anerkannten Notlage (der Fortsetzung der Schwangerschaft, d. Red.) mit Strafe zu bedrohen“.

Professor Ulrike Busch vom Institut für Angewandte Sexualwissenschaft der Hochschule Merseburg bezeichnet die geplante Regelung als absurd. Dies werde exemplarisch daran deutlich, „bereits die Einfügung von zwei Adjektiven im Kontext Schwangerschaftsabbruch (zum Beispiel „medikamentös“ und „operativ“) zum Straftatbestand der Werbung mutiert, allerdings nur für die einzelne Praxis/Einrichtung, nicht aber auf der Liste“ zum Beispiel der BÄK.

Busch warnt, die Lückenhaftigkeit der Liste sei vorhersehbar. „Es ist damit zu rechnen, dass viele Ärzt_innen sich in dem gesellschaftlichen Klima der Stigmatisierung nicht auf einer derart exponierten Liste präsentieren wollen.“

Aus Sicht des Juristinnenbunds ist nur das grob anstößige „Anpreisen“ von Schwangerschaftsabbrüchen durch Dritte regulierungsbedürftig. Dies könne als Ordnungswidrigkeit geregelt und geahndet werden.

„Erleichtert“ äußert sich der Sozialdienst katholischer Frauen. Der Vorschlag, eine „neutrale staatliche Stelle“ mit dem Führen einer Adressliste von Ärzten zu beauftragen, sei richtig. „Damit kommt der Staat seiner Pflicht und Verantwortung nach, das Schutzkonzept für das ungeborene Leben zu bewahren“.

Professor Michael Kubiciel (Universität Augsburg) erinnert daran, das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber vorgeschrieben, „durch das staatliche Recht deutlich zu machen, dass ein (nicht-indizierter) Schwangerschaftsabbruch kein ‚alltäglicher, also der Normalität entsprechender Vorgang‘ sei“. Der Gesetzentwurf von Union und SPD beseitige Informationsdefizite und schaffe Rechtssicherheit für Ärzte.

Kritik an geplanter BMG-Studie

Unterdessen hat das Bundesgesundheitsministerium eine geplante Studie zu den gesundheitlichen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen gegen Kritik verteidigt. Ziel sei eine umfassende Grundlage, um das Thema in der gesamten Breite in den Blick zu nehmen, sagte ein Sprecher. Die Erkenntnisse könnten auch dazu dienen, die Früherkennung etwaiger psychischer Belastungen zu verbessern und Betreuungs- oder Unterstützungsangebote zu machen.

Die SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis kritisierte, dass fünf Millionen Euro für eine wissenschaftlich unsinnige und ideologisch motivierte Studie vergeudet werden sollten. Auch von den Grünen kommt Kritik. Bei einer Internet-Petition gegen die geplante Studie sind bisher mehr als 65.000 Unterstützer registriert worden. (fst, mit dpa-Material)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 18.02.201922:58 Uhr

Die Studie gibt es doch schon längst!

Eine vom Bundesgesundheitsministerium geplante Studie u. a. zu den gesundheitlichen und sonstigen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen gibt es doch schon längst.

"Arzt und Schwangerschaftsabbruch: eine empirische Untersuchung zur Implementation des reformierten §218 StGB".
Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht: Kriminologische Forschungsberichte aus dem Max-Planck-Institut.
Autorin: Frau Prof. Dr. phil. Monika Häußler-Sczepan
Max-Planck-Inst. für Ausländ. u. Internat. Strafrecht, 1989.
ISBN: 3922498442

Ansonsten belegen allein die Sichtweisen des Hamburger Strafrechtsprofessors Reinhard Merkel und die von Frau Professor Ulrike Busch vom Institut für Angewandte Sexualwissenschaft der Hochschule Merseburg, dass beide den bestehenden Paragrafen 219a Strafgesetzbuch (StGB) gelesen und verstanden haben.

Der Titel "§ 219a Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft"
"(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise
1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder
2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung
anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen.
(3) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird." (Zitat Ende)
https://dejure.org/gesetze/StGB/219a.html

beinhaltet ein "Werbeverbot" und keine "Informations-Sperre"!

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (von 1982 bis 1991 ärztlicher Mitarbeiter im Essener Lore-Agnes-Haus der ARBEITERWOHLFAHRT, Bezirksverband Niederrhein - Arbeitsschwerpunkte "Familienplanung, Schwangerschaftskonflikte und Fragen der Sexualität")

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