Laute Post zwischen BMG und KBV

KBV an Lauterbach: Umbau zur Staatsmedizin ist auf dem Weg!

Das Verhältnis zwischen dem Gesundheitsminister und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist getrübt. Immerhin: Man schreibt einander noch. Heute hat die KBV geharnischten Protest versandt.

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KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen

Schreiben an den Gesundheitsminister – mal wieder: KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen vermisst wie seine Vorstandskollegen auch Wertschätzung für die ambulante Medizin.

© Frederic Kern / Geisler-Fotopress / picture alliance

Berlin. Die brieflichen Auseinandersetzungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) drehen sich weiter. Jetzt haben die Vorstände der KBV erneut ein Schreiben Richtung Gesundheitsministerium auf den Weg gebracht.

Darin gehen die KBV-Vorstände auf ein Schreiben des Ministers vom 21. September ein. Zur Erinnerung. Die KBV hatte am 18. August einen Sieben-Punkte-Forderungskatalog zur Aufrechterhaltung der ambulanten medizinischen Versorgung vorgelegt und eine Antwort bis zum 13. September erbeten. Diese Frist ließ der Minister verstreichen. „Tempi passati“, hatte Lauterbach dazu knapp erklärt.

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Warnung vor dem Abbau der Selbstverwaltung

„Sie bauen (…) das deutsche Gesundheitswesen in ein staatlich gelenktes, von der Selbstverwaltung entkoppeltes System um“, schreiben KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen, sein Stellvertreter Dr. Stephan Hofmeister und Vorständin Dr. Sibylle Steiner nun mit Datum 12. Oktober. In dem Schreiben kündigen sie eine Informationskampagne in den Praxen an. Damit wollen sie auf die aus Sicht der Vertragsärztinnen und -ärzte negativen Entwicklungen in der „bisher noch gut funktionierenden ambulanten medizinischen Versorgung“ hinweisen.

In ihrem Schreiben machen sie den Minister darauf aufmerksam, dass zahlreiche Versprechungen und Ankündigungen, auch aus dem Koalitionsvertrag, nach etwa zwei Jahren Regierungszeit noch nicht erfüllt seien. Als ein Beispiel führen sie die dort „ausdrücklich angekündigte Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütungen“ an, die längst hätte vorbereitet sein können.

Das KBV-Führungs-Trio mahnt darüber hinaus auch die Entbudgetierung der kompletten fachärztlichen Vergütung an. Deren Ausbleiben wirke sich leistungsfeindlich auf die Patientenversorgung aus.

Lauterbach hält Honoraranpassung für angemessen

Offenbar hat Lauterbach in seiner Replik darauf verwiesen, dass die Anpassung des Orientierungspunktwerts aus seiner Sicht eine „angemessene Weiterentwicklung der Finanzierung der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Praxen“ darstelle. Dieser Hinweis gehe fehl, antworten die KBV-Oberen. Diese Anpassung sei aufgrund der andauernden Inflation und erheblichen Kostensteigerungen zu niedrig ausgefallen. Die KBV will daher an ihrer Forderung festhalten, die im SGB V quasi festgeschriebenen Verhandlungsgrundlagen zur Veränderung des Orientierungspunktwertes anzupassen.

Die Führungsspitze gibt zudem ihrer Sorge Ausdruck, dass das System der ambulanten Versorgung destabilisiert werde. „Denn, anstatt das System der bestehenden ambulanten Versorgung zukunftsfähig zu machen und zu stabilisieren, ist das Gegenteil erkennbar“, warnt sie. Das zeige sich auch in der geplanten Schwächung der ärztlichen und gemeinsamen Selbstverwaltung.

Dazu komme, dass die „Überbürokratisierung“ nicht angegangen werde, wogegen „recht einfache“ gesetzliche Regelungen helfen könnten. Angeführt werden im Schreiben die Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze bei Einzelfallprüfungen – „etwa auf 300 Euro pro Quartal“-,die Anwendung der Differenzkostenmethode auch bei unwirtschaftlichen Verordnungen , die Einführung von Beratung vor Regress bei Einzelfallprüfungen und die Beseitigung des Regressrisikos bei Impfungen.

KBV vermisst Wettbewerbschancen bei Hybrid-DRG

Auch auf das leidige Thema Gematik und Digitalisierung geht das Schreiben ein. „Leider haben Sie, was die Digitalisierungsvorhaben angeht, die von Ihnen ausdrücklich gegebenen Versprechen nicht eingehalten, digitale Anwendungen erst dann verbindlich einzuführen, wenn sie auch tatsächlich funktionieren, und deren Einführung nicht mit Fristsetzungen sowie Sanktionen zu flankieren“, beschweren sich die KBV-Vorstände.

Nun würden die Praxen gesetzlich dazu gezwungen, „unausgereifte und fehlerhafte Technik“ einzusetzen. Die TI-Pauschale decke zudem nicht die entstehenden Kosten. Das Vertrauen der Niedergelassenen in die politische Digitalisierungsstrategie sei mithin „nachhaltig erschüttert“.

Kritik üben die KBV-Vorstände schließlich an der Hybrid-DRG-Verordnung aus dem Hause Lauterbachs. Der vorliegende Entwurf enthalte einen „wesentlich zu kleinen Startkatalog“. Damit werde kein echter Wettbewerb zwischen den Akteuren in der sektorenübergreifenden Versorgung entstehen. Die Teilnahme der Vertragsärztinnen und -ärzte in diesem Bereich sei zudem so gut wie unmöglich, da er sich ausschließlich auf die stationäre Vergütungssystematik stütze. Konkrete Vorschläge der KBV zur Umsetzung einer sektorenübergreifenden Vergütung auf Basis der vertragsärztlichen Vergütung würden schlichtweg ignoriert. (af)

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