Notdienst

KV richtet eigenes Callcenter ein

Stark steigende Kosten, Patienten in der Warteschleife: In Thüringen gibt es bei der telefonischen Vermittlung im Notdienst bisher einen Flickenteppich. Das soll nun ab 2016 anders werden.

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
Erst einheitliche Rufnummer, jetzt zentrales Callcenter in Thüringen.

Erst einheitliche Rufnummer, jetzt zentrales Callcenter in Thüringen.

© Till Schlünz

WEIMAR. Zu hohe Kosten, Tausende unbeantwortete Notrufe: Nun nimmt die KV Thüringen das Dispatching für den ambulanten Notdienst selbst in die Hand. Mit großer Mehrheit beschloss die Vertreterversammlung auf ihrer letzten Sitzung die Einrichtung eines zentralen Callcenters bei der KV in Weimar, um die jährlich rund 50.000 Anrufe zu koordinieren.

Bisher besteht in Thüringen ein Flickenteppich: Größtenteils bestehen Verträge mit den Rettungsleitstellen der Landkreise, mancherorts sind aber auch Krankenhäuser zuständig oder der Patient erreicht den diensthabenden Arzt sogar direkt auf dem Mobiltelefon.

Die KV begründet die geplante zentrale Vermittlung mit einer drohenden Kostenlawine: Mehrere Rettungsleitstellen haben die Kosten pro Anruf in den letzten Jahren stark nach oben geschraubt - während etwa Erfurt und Jena nur drei Euro verlangen, sind es in Apolda oder Meiningen schon über elf Euro.

"Im schlimmsten Fall, wenn wir für alle den oberen Bereich annehmen, dann steigen die Kosten für das Dispatching auf 1,2 Millionen Euro im Jahr", erläuterte KV-Chefin Annette Rommel. Derzeit liegen die Kosten bei rund 270.000 Euro. Ärgerlich sei auch, dass die Kooperation mit den Rettungsleitstellen immer wieder Probleme bereite.

In Sondershausen oder Artern wurde das Dispatching sogar aufgekündigt, weil keine Kapazität mehr bestehe. Da dies keine kommunale Pflichtaufgabe ist, könne die KV nicht dagegen vorgehen, sagte Rommel.

Fast 8000 Anrufer im Nirwana

Nicht viel besser funktioniere auch die dezentrale Organisation. "Wenn der diensthabende Arzt gleichzeitig der Verteiler ist, dann ist das schon allein deshalb schwierig, weil die telefonische Erreichbarkeit in Thüringen nicht immer gewährleistet ist. Es ist außerdem eine Zusatzbelastung, neben der Behandlung noch zu telefonieren", so Rommel.

Die Folge: Seit 2005 konnten über 7800 Anrufe nicht wahrgenommen werden. Was aus den Patienten geworden ist, weiß die KV nicht.

Laut Beschluss der VV wird das zentrale Dispatching zum 1. Januar 2016 umgesetzt. Einer ersten Kostenschätzung zufolge müssen für rund 500.000 Euro Technik und Infrastruktur beschafft werden.

"Da wir ohnehin mit steigenden Kosten der Rettungsleitstellen rechnen müssen, ist die Umstellung am Ende vielleicht sogar kostenneutral", sagt Ulf Zitterbart, VV-Mitglied und Chef des Hausärzteverbands.

Die Notdienst-Service-gGmbh, so der Arbeitstitel, wird als 100-prozentige Tochter der KV gegründet und vorraussichtlich 15 Disponenten beschäftigen. Rommel verspricht sich durch die hausinterne Lösung eine bessere Kosten- und Qualitätskontrolle.

Man werde außerdem mit den Kassen über eine Beteiligung sprechen, da über ein professionelleres Management unnötige Klinikaufenthalte vermieden werden können. Thüringen folgt damit einem bundesweiten Trend. Etwa die Hälfte der KVen haben ein zentrales Dispatching - zum Teil in Eigenregie oder auch an Dritte übertragen.

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