Westfalen-Lippe
KV will Kassen blockieren
Protest in Westfalen-Lippe: Im Honorarstreit setzt die Vertreterversammlung nicht mehr nur auf Praxis-Schließungen. Jetzt sollen alle denkbaren Protestformen erprobt werden.
Veröffentlicht:
KV-Chef Dr. Wolfgang-Axel Dryden: "So wie jetzt kann es nicht weitergehen."
© KVWL
DORTMUND. Während der Verhandlungspause auf Bundesebene wird es in Westfalen-Lippe keine Ruhe an der Protestfront geben.
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) wird in diesen Tagen weitere Maßnahmen auf den Weg bringen, mit denen die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten ihren Unmut über das Verhalten der Krankenkassen zum Ausdruck bringen.
Über die beschlossenen Nadelstiche werde die KV ihre Mitglieder zeitnah informieren, kündigte KVWL-Vize Dr. Gerhard Nordmann am Samstag auf der Vertreterversammlung in Dortmund an. Eines sei klar: "Es geht nicht um Praxis-Schließungen."
Unter anderem hat die KVWL Plakate vorbereitet, wie "Die Gesetzliche Krankenversicherung übernimmt für Ihre Behandlung nur 68 Prozent der Kosten, wir behandeln Sie trotzdem."
Mit den unzureichenden Honorarangeboten und der fortlaufenden Diskreditierung der Ärzte hätten die Krankenkassen das Maß des Erträglichen überschritten, betonte KVWL-Chef Dr. Wolfgang-Axel Dryden.
"So wie jetzt kann es nicht weitergehen", sagte er in einer kämpferischen Rede, die von den Delegierten mit stehenden Ovationen bedacht wurde.
"In Deutschland wird von den zuständigen Versicherern keine Versorgungspolitik, sondern reine Fiskalpolitik betrieben", sagte Dryden.
Bis an die Grenzen des Machbaren
Es sei ein großer Vorteil, dass die KVen, die sonst oft uneins sind, geschlossen auftreten, sagte er. "Wir spüren, dass auch bei unseren Mitgliedern die Geschlossenheit langsam wächst."
Er sei immer ein Anhänger des vertragsärztlichen Systems gewesen, in dem er seit 1985 tätig sei, sagte Vorstand Dr. Thomas Kriedel.
Doch er sehe mit Schrecken, was aus dem System geworden sei, das von Politik und Krankenkassen systematisch ausgehöhlt worden sei. "Der Frust sitzt bei uns im Vorstand und bei den Ärzten so tief, dass wir die Systemfrage stellen", sagte Kriedel.
Es gebe keine andere Möglichkeit, als bis an die Grenzen des Machbaren zu gehen, um bei den Kassen Wirkung zu erzeugen. "Wie müssen alles blockieren, was die Kassen zur Umsetzung ihrer Leistungsverpflichtung brauchen, sonst wird sich nichts bewegen", sagte Kriedel.
Der Hausarzt Dr. Hermann Kämpfer schlug als eine Maßnahme vor, die Rezepte so auszufüllen, dass die Krankenkassen sie nicht mehr automatisch einlesen können und Mitarbeiter sie manuell eingeben müssen.
"Lasst uns alle Kassenanfragen einfach am dritten Tag vor Monatsende an die Kassen schicken, dann haben die viel zu tun", sagte Kämpfer.
Die VV verabschiedete einstimmig zwei Resolutionen, in denen Ärzte und Psychotherapeuten die Kassen auffordern, endlich ausreichende Finanzmittel für die ambulante Versorgung zur Verfügung zu stellen und die Diffamierung der Ärzteschaft zu beenden.