SARS-CoV-2-Entwicklung in den Ländern
Kakofonie begleitet Start des Lockdowns
In Bayern bezeichnet Söder die Lage als dramatisch, in NRW warnt Laschet vor Panikmache und die Bundeskanzlerin beäugt Ausnahmen in den Bundesländern kritisch.
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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) informiert am Dienstag den Landtag in Düsseldorf bei einer Sondersitzung über die Ergebnisse der Länderberatungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
© dpa
München. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat den harten Lockdown zur Eindämmung des Coronavirus als unausweichlich bezeichnet. „Wir müssen die Notbremse ziehen“, sagte Söder am Dienstag in einer Regierungserklärung im Landtag in München.
„Wenn wir jetzt nicht konsequent runterfahren, sind die Schäden enorm groß, und das wollen und werden wir nicht verantworten.“ Der Regierungschef fügte hinzu: „Hier stehen wir, und wir können nicht anders.“
Nach Angaben Söders wurde mit 126 Toten binnen 24 Stunden zuletzt die höchste Zahl an Todesfällen gezählt, die es wegen Corona in Bayern je gegeben habe. „Alle 17 Minuten stirbt in Bayern ein Mensch.“ Söder warnte erneut: „Corona gerät außer Kontrolle.“ Er betonte: „Die Lage wird von Tag zu Tag dramatischer, und zwar überall in Deutschland.“
Corona als „Katastrophe unserer Zeit“
Söder betonte, dies sei kein Alarmismus und keine Panikmache, aber: „Corona ist die Katastrophe unserer Zeit.“ Er appelliere deshalb an alle, im Kampf gegen Corona mitzuziehen. „Wer Corona immer noch im parteipolitischen Klein-Klein behandelt, der macht sich mitverantwortlich dafür, dass wir die Situation nicht entkräften und verbessern können.“
In Nordrhein-Westfalen muss nach den Worten von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) noch nicht entschieden werden, welcher Corona-Patient beatmet werden kann und welcher nicht. „Trotz einer starken Belastung der Krankenhäuser sind wir von einer Triage noch sehr, sehr weit entfernt“, zitierte Laumann am Dienstag einen Aachener Medizin-Professor. „Wir müssen nicht entscheiden, wer eine lebensnotwendige Beatmung bekommt und wer nicht“, versicherte der Minister in einer Sondersitzung des Düsseldorfer Landtags zur Corona-Krise.
Laumann: Bitte keine Panik verbreiten!
Laumann warnte die SPD-Opposition davor, die eine Aktuelle Stunde zum „drohenden Kollaps auf den Intensivstationen in NRW“ gestellt hatte, Panik zu verbreiten. Das deutsche und das nordrhein-westfälische Gesundheitssystem seien mit Schreckensbildern aus den USA, den Niederlanden, Frankreich oder Belgien „nicht vergleichbar“, sagte der Minister.
Die Zeit nach der ersten Corona-Welle im Frühjahr sei genutzt worden, um die „Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen für die Pandemie wesentlich robuster aufzustellen“. Inzwischen gebe es hier 30 Prozent mehr Intensivplätze mit Beatmungsmöglichkeit. Zudem habe NRW noch erhebliche Möglichkeiten, personelle und strukturelle Kapazitäten über Reha-Kliniken zu mobilisieren.
SPD und Grüne forderten eine stärkere zentrale Steuerung der Verteilung und einheitliche Reaktionsmechanismen. Laumann hielt dagegen, die Entscheidung, in welcher Klinik ein Corona-Patient am besten aufgehoben sei, müssten Ärzte treffen - nicht Verwaltungsbeamte.
Merkel zeigt sich besorgt über Ausnahmen
In jedem Regierungsbezirk gebe es einen zentralen Ansprechpartner als Problemlöser. Bisher habe es aber nirgendwo in NRW ein Hilfeersuchen eines Krankenhauses zur Verlegung eines Corona-Patienten gegeben. NRW habe gute Instrumente, um die Lage in den Kliniken zu beherrschen.
Unterdessen hat sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beunruhigt über die Entwicklung der Corona-Infektionszahlen und die Lage auf den Intensivstationen geäußert. „Es ist nicht die Zeit für Ausnahmen“, sagte Merkel am Dienstag nach Angaben von Sitzungsteilnehmern in der Videositzung der Unionsfraktion im Bundestag nach den Entscheidungen von Bund und Ländern über einen harten Lockdown von diesem Mittwoch an.
Sie sei ein bisschen beunruhigt, sagte Merkel nach diesen Angaben. So seien etwa die Schulregelungen in den einzelnen Bundesländern teilweise schon wieder sehr großzügig, kritisierte die Kanzlerin. Man müsse wieder herunter auf eine Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100 .000 Menschen innerhalb einer Woche, weil man dann das Infektionsgeschehen nachvollziehen könne. Sonst könne nichts gelockert werden, betonte die Kanzlerin. (dpa)
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