Kommentar zu 20 Jahre Pflegeversicherung
Kein Jubel zum Jubiläum
Zum 20. Geburtstag klopft die Verwandtschaft dem erwachsen gewordenen Sprössling gerne auf die Schulter. Die besten Jahre kämen erst noch, heißt es dann.
Bei der sozialen Pflegeversicherung, deren Etablierung vor 20 Jahren am Dienstag in einem Festakt gewürdigt wurde, zögert man mit diesem Zukunftsversprechen.
Ist die soziale Pflegeversicherung tatsächlich das gefeierte "Erfolgsmodell"? Gewiss, es gilt als Fortschritt, dass Pflegebedürftigkeit als eigenständiges soziales Risiko anerkannt worden ist. Doch mittlerweile hängen wieder rund 440.000 pflegebedürftige Menschen am Tropf der Sozialhilfe.
Dabei war der damalige Sozialminister Norbert Blüm (CDU) angetreten, um Pflegebedürftigkeit und die damals nötige Fürsorge voneinander zu trennen.
Die Geburtsfehler der Pflegeversicherung bestimmen bis heute die Reformagenda: Etwa das Teilkaskoprinzip, der verrichtungsorientierte Pflegebegriff, die nur mühsam nachträglich etablierte Qualitätssicherung.
Hinzu kommt, dass Pflegepolitik viel mehr als nur Pflegeversicherungspolitik ist: Die Ressource Familie als Pflegeinstanz fällt immer häufiger aus, die Kommunen müssen als zentraler Akteur in der Pflege Gestaltungskompetenz zurückgewinnen. Angesichts dieses Reformbedarfs bleibt zum Feiern keine Zeit.
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