Aut-idem
Keine Ausnahme für Parkinson-Patienten
Die Parkinson-Vereinigung hat mit einer Petition mehr als 57.000 Unterstützer für die Forderung gewonnen, diese Patientengruppe von der Aut-idem-Vorschrift freizustellen. Das Gesundheitsministerium hält von dieser Idee allerdings nichts.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, Ausnahmen für die Aut-idem-Vorschrift festzulegen. Bei einer Beratung des Petitionsausschusses des Bundestags warb die Deutsche Parkinson Vereinigung am Montag für ihre Eingabe.
Darin wird eine generelle Freistellung von Parkinson-Patienten von der Aut-idem-Pflicht gefordert. 57.191 Unterzeichner habe dies bisher unterstützt.
Mehr als 80 Prozent der Mitglieder hätten bei einer Befragung der Parkinson-Vereinigung von Problemen nach der medikamentösen Umstellung berichtet, sagte Friedrich-Wilhelm Mehrhoff, Geschäftsführer der Vereinigung.
Ziel der Petition sei es, dass Patienten mit den Medikamenten ambulant weiterbehandelt werden können, auf die sie im Krankenhaus eingestellt worden sind. "Es geht nicht darum, dass teure Originalpräparate statt Generika verordnet werden", stellte Mehrhoff klar.
Regierung: Kompetenz liegt beim GBA
Morbus Parkinson
300.000 Menschen sind nach Angaben der Deutschen Parkinson Vereinigung am Morbus Parkinson erkrankt.
23.000 Mitglieder hat die Selbsthilfevereinigung nach eigenen Angaben bundesweit.
2548 Parkinson-Patienten haben an einer vereinsinternen Umfrage teilgenommen. Dabei erklärten 1176 Patienten, sie nähmen bis zu 20 Tabletten pro Tag ein. 160 weitere erklärten, sie benötigten sogar bis zu 30 Tabletten.
Für die Bundesregierung zog sich BMG-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) auf eine formaljuristische Argumentation zurück: Die Kompetenz für die Erstellung der Aut-idem-Ausnahmeliste liege beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA).
Die Regierung nehme keinen Einfluss auf die dortigen medizinischen Bewertungen, stellte Widmann-Mauz klar und ergänzte: "Damit sind wir bisher gut gefahren."
Der GBA hat im Herbst vergangenen Jahres eine erste Tranche von Wirkstoffen festgelegt, die beispielsweise beim Vorliegen eines Rabattvertrags nicht vom Apotheker ausgetauscht werden dürfen.
Dazu gehören beispielsweise das Schilddrüsenhormon Levothyroxin-Natrium oder das Antiepileptikum Phenytoin. Zu den Aufgreifkriterien des GBA gehören die geringe therapeutische Breite eines Wirkstoffs oder ein laut Fachinformation erforderliches Drug-Monitoring bei Umstellung auf ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel.
Parkinson-Präparate stehen auch bei der zweiten Tranche für Austauschverbote, die zurzeit vom GBA diskutiert werden, nicht auf der Liste. Dieser Medikamente erfüllten offensichtlich nicht die GBA-Kriterien, gab der Geschäftsführer der Parkinson-Vereinigung zu: "Auf dieser Schiene kommen wir nicht weiter."
Scheu vor Präzedenzfall
Verursacht würden die Umstellungsprobleme nicht allein durch die fehlende Bioäquivalenz der Austausch-Medikamente, sondern insbesondere durch die gestörte Magen-Darm-Motorik bei vielen Parkinson-Patienten, erläuterte Mehrhoff.
Sein Ansinnen, den verordneten Arzt bei der Diagnose Parkinson komplett von der Austauschpflicht freizustellen, stieß bei Widmann-Mauz auf keinen Sympathie: Dies wäre, warnte sie, ein Bruch mit der bisherigen wirkstoffbezogenen Systematik der Aut-idem-Regel.
Zudem scheut das BMG einen Präzedenzfall, da dann die Abgrenzung zu anderen Patientengruppen - und deren Wunsch nach Freistellung von Aut idem -schwierig werden würde.
Zudem verwies Widmann-Mauz auf Erleichterungen für Ärzte und chronisch Kranke, die der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren etabliert habe: Rabattverträge haben seit 2011 eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren. Zudem sei der Regressdruck auf Ärzte - Stichwort: Beratung vor Regress - sukzessive zurückgenommen worden.
Der Petitionsausschuss hat eine Entscheidung in der Sache auf eine seiner nächsten Sitzungen vertagt.