Impfausweise

Koalition will Manipulationen ahnden – auch mit Haft

Die Koalition plant, Ärzte und Apotheker für eine korrekte europäische Impfdokumentation in die Pflicht zu nehmen. Impfausweisfälschern sollen empfindliche Strafen drohen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ein europaweit anerkannter Nachweis soll Geimpften bald weitgehende Freiheiten ermöglichen. Das lockt auch Fälscher an. (Symbolbild)

Ein europaweit anerkannter Nachweis soll Geimpften bald weitgehende Freiheiten ermöglichen. Das lockt auch Fälscher an. (Symbolbild)

© Frank Hoermann / Sven Simon / picture alliance

Berlin. Gemeinsam mit der Europäischen Union will Deutschland bis Ende Juni einen digitalen Impfpass einführen. Ärzte und Apotheker sollen in das Ausstellen dieser Dokumente einbezogen werden. Um mehr Sicherheit zu schaffen, plant die Koalition nun Manipulationen bei den europäischen COVID-Impfnachweisen unter Strafe zu stellen. Dies geht aus einem Änderungsantrag zum Infektionsschutzgesetz hervor, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt.

Tatsächlich sollen bereits falsche Impfbescheinigungen in Umlauf sein. Das hessische Landeskriminalamt teilte dem ARD-Magazin „Report Mainz“ am Wochenende mit, es habe den Handel mit gefälschten Impfpässen im Fokus und werde dagegen strafrechtlich ermitteln. Herstellung, Vertrieb und Nutzung solcher Fälschungen seien strafbar.

Großmengen für Ärzte

Die gelben Blanko-Impfpässe sind im Internet frei verkäuflich. Sie werden als „Großmengen für Ärzte, Impfzentren, Apotheken und Betriebsärzte“ für weniger als einen Euro das Stück angeboten.

Der geplante digitale europäische Impfnachweis schiebt der Manipulation nicht endgültig einen Riegel vor. Die dorthinein gespeicherten Informationen entstammen dem Gelben Impfausweis und anderen Bescheinigungen auf Papier. Zudem kann der Gelbe Impfpass an sich laut einer entsprechenden EU-Verordnung weiter verwendet werden.

Zwei Jahre Haft sollen drohen

Gefälschte Vorlagen für den Europäischen Impfnachweis sollen die Aussteller deshalb teuer zu stehen kommen. Zwei Jahre Haft oder Geldstrafen sieht der aktuelle Entwurf einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes dafür vor.

Gleichzeitig soll die Gesetzesänderung klarstellen, dass die Ausstellung des „Digitalen Grünen Zertifikates“ der Europäischen Union den Ärzten und Apothekern obliegt. Wenn dies nicht unmittelbar nach der Impfung erfolgt, sondern nachträglich, sollen zusätzliche Aufklärungspflichten auf Ärzte und Apotheker zukommen.

Sie sollen die Antragsteller anhand ihrer Ausweispapiere, auch von ausländischen, identifizieren. Zudem sollen sie über die Konsequenzen des Vorlegens einer unrichtigen Impfdokumentation belehren. Hegen sie Zweifel, sollen sie die Ausstellung verweigern.

Fälschungen können gefährden

Die Autoren des Entwurfs sehen die Gefahr von Dokumentations-Tourismus. Ihr Vorschlag: Ärzte und Apotheker sollen die Bestätigungen nur ausstellen, wenn die Impfung in der gleichen Gemeinde, in umliegenden Gemeinden oder im gleichen Landkreis erfolgt ist.

„Der Verlässlichkeit der COVID-19- Impfzertifikate, COVID-19-Genesenenzertifikate und COVID-19-Testzertifikate kommt eine zentrale Bedeutung für die Überwindung der Corona-Pandemie zu“, heißt es in dem Entwurf. Der Verkehr von gefälschten Dokumenten könne zu einer erheblichen Gefährdung von Menschen führen, die auf die Nachweise vertrauten.

ÖGD soll bei Impfschäden ermitteln

Gesundheitsämter sollen beim Verdacht auf Impfschäden ermitteln dürfen. Auch diese Änderung will die Koalition in das Infektionsschutzgesetz einfügen (Paragraf 25). Ziel sei, mögliche Zusammenhänge zwischen Impfung und gesundheitlicher Schädigung beurteilen zu können.

Keine Strafe für Test-Werbung

Auf der anderen Seite will die Koalition eine rechtliche Hürde für Ärzte aus dem Weg räumen. Werbung für Schnelltests auf COVID-19 auf Schildern und Klappaufstellern soll für Ärzte und Apotheker möglich sein. Dafür soll eine Ausnahme im Heilmittelwerbegesetz geschaffen werden. Da COVID-19 zu den meldepflichtigen Krankheiten zähle, wäre nach geltender Rechtslage Werbung für das Testen auf COVID-19 verboten, merken die Autoren in der Begründung an.

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Kommentare
Dr. Gerhard Heinsch 17.05.202113:57 Uhr

Schon Monate vor dem Beginn der Impfungen war es doch wohl ersichtlich, dass eine fälschungssichere Dokumentation erforderlich sein wird. Hier haben sich die entsprechenden Behörden der Länder bzw. des Bundes durch Untätigkeit hervorgetan. Die Kohlen aus dem Feuer holen sollen mal wieder die Ärzte: "Sie sollen die Antragsteller anhand ihrer Ausweispapiere, auch von ausländischen, identifizieren. Zudem sollen sie über die Konsequenzen des Vorlegens einer unrichtigen Impfdokumentation belehren". Sollte eine Kleinigkeit für uns Ärzte sein dieses zwischen Impfplanung und -durchführung, anstehenden Deadlines für die Digitalisierungsoffensive des BMG (Telematikinfrastruktur , elektronische Patientenakte usw.), Vorsorgeuntersuchungen und der Regelversorgung der Patienten, noch in den ärztlichen Alltag zu integrieren. Die Authentizität eines vorgelegten Dokumentes bzgl. der Impfung kann schlicht und einfach nicht von uns Ärzten überprüft werden; dementsprechend kann auch nur der Arzt Zertifikate für diejenigen Patienten ausstellen, die er in eigener Praxis geimpft hat. Für alle anderen ist das MAGS z.B in NRW, welches ja alle Impfdaten (auch zu Abrechnungszwecken) erfasst zuständig und sollte sich hierfür auch verantwortlich zeichnen. (Es sei denn die Ärzte bekämen einen sicheren Zugang auf die Datei mit allen erfassten Impfungen). Es ist auch keine Frage des Honorars, welches gewiss angemessen verhandelt wird, sondern eine Frage der Kapazitäten; diese gibt es schlichtweg im Moment nicht mehr dafür ! Die Antwort sollte heißen: nein zur Ausstellung eines digitalen Zertifikates für Patienten, die man nicht selber geimpft hat. Wir sind keine Bundespolizei sondern Ärzte !

Dr. Klaus Günterberg 17.05.202109:41 Uhr

Zum Umgang mit gefälschten Impfpässen: Dem kann ganz einfach ein Riegel vorgeschoben werden, mit der Ausssage, öffentlich gemacht: "EIN GEFÄLSCHTER IMPFPASS? DAS KANN FÜR SIE TÖDLICH ENDEN!"

Dr. Thomas Georg Schätzler 17.05.202108:26 Uhr

Was die GROKO offenkundig gar nicht mitbekommt...

Sie selbst trägt aktiv im Internet zur Herstellung gefälschter Impfausweise bei unter Bundesministerium für Gesundheit (BMG):

@BMG_Bund
Für Ihren #Impftermin müssen Sie Ihren #Impfpass mitbringen. Sie haben ihn verlegt? Das sollte Sie nicht davon abhalten, den Termin für die #CoronaSchutzimpfung wahrzunehmen.
Hier können Sie ein Ersatzformular herunterladen: https://t.co/gcBAcnHBx9 https://t.co/DFPiGxH8Ik

Dazu mein Kommentar:

Thomas G. Schaetzler
Antwort an @BMG_Bund und @kbv4u

"Wie schön, dass das BMG ebenso einfältig, dümmlich wie zutraulich bei der Herstellung gefälschter Impfausweise aktiv mithilft und sich sogar der Beihilfe schuldig machen könnte."
02.05.2021

Was die Koalitionäre ebenfalls übersehen:
Wer gefälschter Impfausweise in Umlauf bringt, nachmacht oder verkauft, begeht eine Urkundenfälschung. Impfausweise sind ärztliche Dokumente (Apotheken bleiben außen vor) und Urkunden über medizinische Sachverhalte. Dafür extra 2 Jahre Haft/Geldstrafen im aktuellen Entwurf einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes zu entwerfen, ist müßig, wie ein Blick ins StGB beweist:
Strafgesetzbuch § 267 - Urkundenfälschung
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3. durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger...

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM DO

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