Paragraf 219a

Kompromiss bei Werbeverbot für Abtreibung in Sicht?

Was ist sachliche Information? Und was ist unzulässige Werbung? Bei Schwangerschaftsabbrüchen heikle Fragen, die seit Monaten auch die Koalition belasten. Gibt es nun Chancen auf eine Einigung?

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Die Diskussion um § 219 a und die Abtreibungswerbung hält an. Wann ist sie unzulässig? Wann handelt es um sachliche Information?

Die Diskussion um § 219 a und die Abtreibungswerbung hält an. Wann ist sie unzulässig? Wann handelt es um sachliche Information?

© Dan Race / stock.adobe.com

BERLIN. Die große Koalition ringt weiter um einen Kompromiss im Streit über das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche.

Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und SPD-Chefin Andrea Nahles führten am Sonntagabend ihr erstes längeres Gespräch seit dem Wechsel an der CDU-Spitze.

Eine Einigung in dieser Frage gibt es allerdings noch nicht: „Wir sind da in gutem Austausch, aber wir sind auch noch nicht am Ende unserer Diskussion“, sagte Kramp-Karrenbauer nach dem Telefonat mit Nahles in der ARD.

Sie bekräftigte, sie sei gegen eine Streichung des Paragrafen 219a: „Das Werbeverbot soll und darf nicht abgeschafft werden.“ Sie wolle sachliche Informationen für Frauen, die sich über eine Abtreibung unterrichten wollten.

Die Regierung habe den Auftrag, dazu einen Vorschlag vorzulegen. „Wenn dieser Vorschlag auf dem Tisch legt, werden wir das bewerten“, sagte Kramp-Karrenbauer.

Nahles unter Druck

Nahles steht in dem Konflikt erheblich unter Druck. Sie hatte im März mit Rücksicht auf die Union einen Antrag zur Änderung des Paragrafen 219a zurückgezogen, seither wird in der Bundesregierung über einen Kompromiss verhandelt.

Die SPD-Chefin hatte ihrer Partei zugesagt, bis zum Herbst eine Lösung mit der Union zu finden. Am Mittwochabend tagt erstmals der Koalitionsausschuss mit Kramp-Karrenbauer als Parteichefin. Dort könnte eine Einigung gefunden werden.

Nach Informationen der Funke-Zeitungen haben Justizministerin Katarina Barley (SPD), Familienministerin Franziska Giffey (SPD), Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer bereits einen Kompromissvorschlag ausgehandelt.

Aus Rücksicht auf den jüngsten CDU-Parteitag sei dieser bislang aber nicht öffentlich gemacht worden. Eine mögliche Lösung könnte sein, das Gesetz nicht anzufassen, aber Ärzten in der Beratungspraxis betroffener Frauen mehr Spielraum zu geben, heißt es in dem Bericht.

Der frühere SPD-Chef Martin Schulz plädierte dafür, die Frage zur Gewissensentscheidung zu erklären. Wenn Unions-Abgeordnete der Ansicht seien, sie könnten eine Abschaffung des Werbeverbotes nicht mittragen, müsse man das respektieren, sagte er in der ARD-Sendung „Anne Will“. „Ich finde, der Bundestag sollte den Abgeordneten hier die Möglichkeit geben, frei abzustimmen.“

FDP-Chef Christian Lindner erneuerte zugleich sein Angebot an die SPD, die Reform im Bundestag gemeinsam gegen die Union durchzusetzen. „Wir finden dieses Gewürge um diese Bestimmung inzwischen wirklich abwegig“, sagte er. Es gehe schließlich nicht um Abtreibungen selbst, sondern darum, Mediziner zu entkriminalisieren. „Die SPD darf sich nicht selbst verzwergen lassen in dieser Frage.“

Betroffene Frauen in Notsituation

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post hat bereits gedroht, in der Fraktion einen solchen Antrag zu stellen, wenn Nahles bis Dienstag keine Einigung mit der Union erreicht. Dann könnte der Bundestag den Paragrafen mit den Stimmen von SPD, FDP, Linken und Grünen ändern.

 Der 219er verbietet es, für Abtreibungen zu werben. Gegner der Regelung argumentieren, dass so auch sachliche Informationen für ungewollt schwangere Frauen verhindert würden.

Seit einem Jahr werbe seine Fraktion schon für eine Änderung des Paragrafen 219a, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Stephan Thomae, am Montag. Bislang verharrte die große Koalition allerdings in Untätigkeit und lasse damit betroffene Frauen in einer Notsituation im Stich.

Die Union stelle sich noch immer quer und begreife nicht, dass es einzig und allein darum gehe, dass Ärzte sachlich informieren dürfen, so der FDP-Politiker. Es sei ein Trauerspiel, dass CDU und CSU starrsinnig bleiben und die SPD tatenlos zusehe, obwohl es eine parlamentarische Mehrheit für eine Änderung des Paragrafen 219a gäbe.

Anlass der Debatte ist die wegen verbotener Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verurteilte Ärztin Kristina Hänel aus Gießen. Die Causa kommt vor das Oberlandesgericht Frankfurt, nachdem gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Gießen Revision eingelegt worden war.

Die Gießener Berufungsrichter hatten im Oktober ein Urteil des Amtsgerichts bestätigt. Demnach muss die Medizinerin wegen des Verstoßes gegen den Paragrafen 219a eine Geldstrafe von 6000 Euro zahlen. (dpa/bar)

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 10.12.2018 um 16:34 Uhr.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ärzten mehr Spielraum geben

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