Corona-Bilanz

Krankenhäuser 2020: Weniger Fälle, höhere Erlöse

COVID hat den Krankenhäusern über das gesamte Jahr 2020 gerechnet höhere Erlöse als im Nicht-Corona-Jahr 2019 beschert. Der beobachtete Rückgang der Fälle gehe nicht nur auf das Absagen planbarer Operationen zurück, heißt es in einer aktuellen Analyse.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Arzt auf einer Intensivstation im Einsatz: Vor allem größere Kliniken versorgten 2020 auf ihren Intensivstationen viele COVID-19-Patienten.

Arzt auf einer Intensivstation im Einsatz: Vor allem größere Kliniken versorgten 2020 auf ihren Intensivstationen viele COVID-19-Patienten.

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Berlin. Trotz eines kräftigen Rückgangs der Fallzahlen sind die Erlöse der Krankenhäuser und die Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen für die stationäre Versorgung im vergangenen Jahr gestiegen.

Das aktive Verschieben und Absagen elektiver Operationen durch die Krankenhäuser erkläre allerdings nur einen Bruchteil der Rückgänge, betonen nun Fachleute. Eine größere Rolle spiele dabei das Verhalten der Patienten selbst.

Der beim Gesundheitsministerium eingerichtete Beirat betont in seiner Jahresbilanz, dass die stationäre Versorgung im ersten Pandemiejahr flächendeckend gewährleistet werden konnte. Im Jahresdurchschnitt waren vier Prozent aller Intensivbetten mit COVID-Patienten belegt.

10,2 Milliarden Euro als Ausgleich

Über das gesamte Jahr 2020 gesehen sind die Fallzahlen in den somatischen Kliniken um 13 Prozent, in den psychiatrischen Kliniken um elf Prozent zurückgegangen. In der Spitze bis Ende Mai 2020 waren es rund 30 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Analyse zum Leistungsgeschehen in den Krankenhäusern hervor, die das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und die Technische Universität Berlin am Wochenende veröffentlicht haben.

Um den Krankenhäusern das Verschieben elektiver Eingriffe das Vorhalten von Kapazitäten für die Versorgung von COVID-Patienten zu ermöglichen, hat der Bund im vergangenen Jahr 10,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Dies sei maßgeblich dafür gewesen, dass die die ausschließlich stationären Erlöse der allgemeinen Krankenhäuser um 3,7 Prozent, die der psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken um 10,6 Prozent gestiegen seien, heißt es in der Bilanz. Die gesetzliche Krankenversicherung hat den Krankenhäusern 1,7 Prozent mehr ausbezahlt als ein Jahr zuvor.

Gleichwohl hält der beim Bundesgesundheitsministerium eingerichtete Beirat zur Analyse der Auswirkungen der Pandemie auf die Krankenhäuser es für notwendig, die Ausgleichszahlungen an die Krankenhäuser über das bislang gesetzlich vorgegebene Ende am 31. Mai hinaus zu verlängern.

15,9 Millionen Fehltage

Der durchaus erwünschte vorübergehende Rückgang bei den planbaren Operationen erkläre allerdings nur einen Bruchteil des Ausbleibens der Patienten, betonen die Autoren der Analyse um Professor Boris Augurzky (RWI) und Professor Reinhardt Busse (TU). Unerwartet gering ausgefallen seien die Fallzahlen bei Herzinfarkten (-7 Prozent), Schlaganfall (-4 Prozent), Transitorische Ischämische Attacke (-11 Prozent) und Krebsbehandlungen (-5 Prozent).

Die Ergebnisse der Analyse legen aber auch nahe, dass Patienten mit schwächer ausgeprägten Beschwerden die Krankenhäuser gemieden haben. Vor allem bei den ambulant-sensitiven Indikationen stellen Experten einen über das gesamte Jahr andauernden „Einbruch“ fest. Insgesamt verzeichneten die somatischen Krankenhäuser 15,9 Millionen Fehltage, die psychiatrischen 4,2 Millionen. Die Bettenauslastung sank von 75, 1 Prozent im Jahr 2019 auf im Mittel 67,3 Prozent.

Erste Reaktionen lassen sich beobachten: Die Kliniken haben ihre Bettenkapazität leicht um 1,1 Prozent verringert, was etwa 5000 Betten entspricht.

Gebeutelte Kleinkrankenhäuser

Die 900 Krankenhäuser mit weniger als 300 Betten wurden von den Entwicklungen besonders gebeutelt. Ihre Betten waren zusammengerechnet im vergangenen Jahr sogar nur noch zu 62 Prozent ausgelastet. Gleichzeitig ging dort auch die intensivmedizinische Versorgung zurück.

Bei der COVID-Versorgung hätten sie mit zusammengenommen 24 Prozent der intensivmedizinisch versorgten Patienten eine nur untergeordnete Rolle gespielt, betonen die Autoren des Beirats. Dies hatte sich bereits im vorhergehenden Bericht der Autoren zur Entwicklung in den ersten neun Monaten 2020 ergeben, der Ende Februar veröffentlicht worden war.

Da viele Patienten aus diesen Krankenhäusern in maximalversorgende Krankenhäuser verlegt worden seien, sei der tatsächliche Wert sogar noch geringer. Die Autoren regen an, an dieser Stelle Untersuchungen zur Versorgungsqualität anzuschließen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Probleme in ambulanter Versorgung

SpiFa: „Keine einzige Baustelle des Gesundheitswesens beseitigt“

Bessere Versorgungsqualität erwartet

Mecklenburg-Vorpommern: DMP Osteoporose ist gestartet

Das könnte Sie auch interessieren
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Kommentare
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger

Lesetipps
Ein Mettbrötchen

© juefraphoto / stock.adobe.com

Tödlicher Einzeller im Hirn

Fallbericht: Amöbenenzephalitis nach Verzehr von rohem Fleisch?

Ärztin misst bei einer Patientin den Blutdruck

© goodluz / stock.adobe.com

Unter 120 mmHg

Striktere Blutdruckkontrolle bei Diabetes wohl doch sinnvoll