Corona-Bilanz
Krankenhäuser 2020: Weniger Fälle, höhere Erlöse
COVID hat den Krankenhäusern über das gesamte Jahr 2020 gerechnet höhere Erlöse als im Nicht-Corona-Jahr 2019 beschert. Der beobachtete Rückgang der Fälle gehe nicht nur auf das Absagen planbarer Operationen zurück, heißt es in einer aktuellen Analyse.
Veröffentlicht:Berlin. Trotz eines kräftigen Rückgangs der Fallzahlen sind die Erlöse der Krankenhäuser und die Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen für die stationäre Versorgung im vergangenen Jahr gestiegen.
Das aktive Verschieben und Absagen elektiver Operationen durch die Krankenhäuser erkläre allerdings nur einen Bruchteil der Rückgänge, betonen nun Fachleute. Eine größere Rolle spiele dabei das Verhalten der Patienten selbst.
Der beim Gesundheitsministerium eingerichtete Beirat betont in seiner Jahresbilanz, dass die stationäre Versorgung im ersten Pandemiejahr flächendeckend gewährleistet werden konnte. Im Jahresdurchschnitt waren vier Prozent aller Intensivbetten mit COVID-Patienten belegt.
10,2 Milliarden Euro als Ausgleich
Über das gesamte Jahr 2020 gesehen sind die Fallzahlen in den somatischen Kliniken um 13 Prozent, in den psychiatrischen Kliniken um elf Prozent zurückgegangen. In der Spitze bis Ende Mai 2020 waren es rund 30 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Analyse zum Leistungsgeschehen in den Krankenhäusern hervor, die das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und die Technische Universität Berlin am Wochenende veröffentlicht haben.
Um den Krankenhäusern das Verschieben elektiver Eingriffe das Vorhalten von Kapazitäten für die Versorgung von COVID-Patienten zu ermöglichen, hat der Bund im vergangenen Jahr 10,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Dies sei maßgeblich dafür gewesen, dass die die ausschließlich stationären Erlöse der allgemeinen Krankenhäuser um 3,7 Prozent, die der psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken um 10,6 Prozent gestiegen seien, heißt es in der Bilanz. Die gesetzliche Krankenversicherung hat den Krankenhäusern 1,7 Prozent mehr ausbezahlt als ein Jahr zuvor.
Gleichwohl hält der beim Bundesgesundheitsministerium eingerichtete Beirat zur Analyse der Auswirkungen der Pandemie auf die Krankenhäuser es für notwendig, die Ausgleichszahlungen an die Krankenhäuser über das bislang gesetzlich vorgegebene Ende am 31. Mai hinaus zu verlängern.
15,9 Millionen Fehltage
Der durchaus erwünschte vorübergehende Rückgang bei den planbaren Operationen erkläre allerdings nur einen Bruchteil des Ausbleibens der Patienten, betonen die Autoren der Analyse um Professor Boris Augurzky (RWI) und Professor Reinhardt Busse (TU). Unerwartet gering ausgefallen seien die Fallzahlen bei Herzinfarkten (-7 Prozent), Schlaganfall (-4 Prozent), Transitorische Ischämische Attacke (-11 Prozent) und Krebsbehandlungen (-5 Prozent).
Die Ergebnisse der Analyse legen aber auch nahe, dass Patienten mit schwächer ausgeprägten Beschwerden die Krankenhäuser gemieden haben. Vor allem bei den ambulant-sensitiven Indikationen stellen Experten einen über das gesamte Jahr andauernden „Einbruch“ fest. Insgesamt verzeichneten die somatischen Krankenhäuser 15,9 Millionen Fehltage, die psychiatrischen 4,2 Millionen. Die Bettenauslastung sank von 75, 1 Prozent im Jahr 2019 auf im Mittel 67,3 Prozent.
Erste Reaktionen lassen sich beobachten: Die Kliniken haben ihre Bettenkapazität leicht um 1,1 Prozent verringert, was etwa 5000 Betten entspricht.
Gebeutelte Kleinkrankenhäuser
Die 900 Krankenhäuser mit weniger als 300 Betten wurden von den Entwicklungen besonders gebeutelt. Ihre Betten waren zusammengerechnet im vergangenen Jahr sogar nur noch zu 62 Prozent ausgelastet. Gleichzeitig ging dort auch die intensivmedizinische Versorgung zurück.
Bei der COVID-Versorgung hätten sie mit zusammengenommen 24 Prozent der intensivmedizinisch versorgten Patienten eine nur untergeordnete Rolle gespielt, betonen die Autoren des Beirats. Dies hatte sich bereits im vorhergehenden Bericht der Autoren zur Entwicklung in den ersten neun Monaten 2020 ergeben, der Ende Februar veröffentlicht worden war.
Da viele Patienten aus diesen Krankenhäusern in maximalversorgende Krankenhäuser verlegt worden seien, sei der tatsächliche Wert sogar noch geringer. Die Autoren regen an, an dieser Stelle Untersuchungen zur Versorgungsqualität anzuschließen.