Kommentar
Maske für jedermann!?
In Praxen fehlen sie, jetzt schlagen manche eine Maskenpflicht gegen das Coronavirus vor. Solcher Aktionismus setzt falsche Prioritäten.
Veröffentlicht:Erinnert sich noch jemand? Es war Innenminister Horst Seehofer (CSU), der zu Beginn der Corona-Epidemie in Deutschland vor überzogenem Aktionismus warnte. Um eines klarzustellen: Einschränkungen des öffentlichen Lebens, der Appell, soziale Kontakte auf das Nötigste zu beschränken und Abstand zu halten – all das gehört nicht in diese Kategorie. Hier hat Politik umgesetzt, was Ärzte und Virologen im Kampf gegen Corona derzeit für nötig erachten.
Eine allgemeine Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske in der Öffentlichkeit steht nicht auf der Liste der Empfehlungen. Der Vize-Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Stephan Hofmeister, hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass selbst der WHO keine validen Daten vorliegen, ob eine allgemeine Maskenpflicht hilft oder nicht. Wenn, dann diene das Ganze höchstens der Selbstberuhigung des Einzelnen – was aber ein ziemlich schwaches Argument sei.
Das Argument fällt noch schwächer aus, wenn man die Prioritäten geraderückt: Zuallererst muss es um die gehen, die an vorderster Front gegen Corona kämpfen: Ärzte und Medizinische Fachangestellte in Praxen, Ärzte und Pflegende in Krankenhäusern, Beschäftigte in Heimen und bei ambulanten Pflegediensten. Sie benötigen Schutzmasken und Schutzkleidung, um ihren Job machen zu können. Und um uns schützen zu können!
Solange Ärzte und Pflegende diese Ausrüstung nicht in genügender Stückzahl zur Verfügung haben, sollten staatliche Maskenverordnung für jedermann (mehr als) Tabu sein.
Und auch die selbst gebastelte Maske – aus was auch immer – ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Im Zweifelsfall könnte diese mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften in der aktuellen Situation.
Die Politik sollte hartnäckig sein, wenn es um sinnvolle und auf wissenschaftliche Expertise gestützte Maßnahmen gegen Corona geht. Blinder Aktionismus verbietet sich hingegen. Oder, Herr Seehofer?
Schreiben Sie dem Autor: thomas.hommel@springer.com