Baden-Württemberg

Medi ist gegen Online-Termine

Patienten, die sich Termine beim Facharzt selbst über ein Online-Portal buchen können - das will Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner nicht. Die Terminsteuerung solle auch weiterhin Sache der Praxen bleiben.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

STUTTGART. Patienten, die sich Termine beim Facharzt selber über ein Online-Portal buchen - das will Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner nicht. "Ich bin für eine Steuerung freier Termine über die Praxen", sagte er im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Dagegen hält er eine "Patienten-getriggerte Nachfrage" nach Terminen, die diese sich selbst besorgen - und dann mutmaßlich oft nicht wahrnehmen - für den falschen Weg. Die Position einzelner fachärztlicher KV-Vertreter in Baden-Württemberg, die sich für eine Verpflichtung von Ärzten zur Terminmeldung aussprechen, hält er für einen "Treppenwitz".

Die KV-Führung in Baden-Württemberg hatte jüngst erklärt, primär auf eine freiwillige Terminmeldung setzen zu wollen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Vertreterversammlung eine Mehrheit für ein zwangsweises System gibt, bei dem Ärzte, die keine freien Termine melden, finanziell bestraft werden", sagte der Medi-Chef und KV-Delegierte.

Skepsis gegenüber Neuordnung von Selektivverträgen

Medi sieht die Neuordnung der Selektivverträge, wie sie im Versorgungsstärkungsgesetz angelegt ist, mit Skepsis. Zur Erinnerung: Der bisherige Paragraf 73 c SGB V, Rechtsgrundlage für die Facharztverträge in Baden-Württemberg, wird in den Paragrafen 140a einsortiert.

Und nicht nur das: Insbesondere die Option, dass auch Krankenhäuser von sich aus in die Facharztverträge einsteigen können, schmeckt Baumgärtner nicht. Die daraus erwachsende Gefahr für niedergelassene Ärzte hält der Medi-Chef in Baden-Württemberg für "überschaubar, weil Medi hier ein maßgeblicher Player ist". Anders stelle sich das Risiko dieser Entwicklung hingegen außerhalb Baden-Württembergs dar, vermutet er.

Unterdessen wächst das Netz der Facharztverträge im Südwesten weiter, berichtet Frank Hofmann, Geschäftsführer der Mediverbund AG. Man verhandele zur Zeit mit der AOK Baden-Württemberg und der Bosch BKK über den Facharztvertrag Urologie. Er gehe davon aus, dass der Vertrag Anfang 2016 starten kann, berichtet Hofmann.

Medi hatte vor einiger Zeit mit einer Befragung ermittelt, bei welchen Fachgruppen das Interesse an einem Facharztvertrag am höchsten ist. Danach wären "HNO-Ärzte und Augenärzte die nächsten Fachgruppen, für die wir gerne einen Vertrag verhandeln würden", erklärt Hofmann. Inzwischen seien auch andere Kassen am Abschluss von Verträgen interessiert.

So verhandele Medi mit der Vertragsarbeitsgemeinschaft der BKKen, in der rund 50 Betriebskassen zusammengeschlossen sind, über eine Vereinbarung zur Kardiologie und Gastroenterologie, berichtet der Geschäftsführer.

Wichtige Stütze für Praxen

Die Vergütungsvolumina der bereits geschlossenen 73c-Verträge gehen unterdessen weiter nach oben. So stieg die Vergütung im Rahmen des Orthopädie-Vertrags seit dem ersten Quartal 2014 von 3,86 auf 7,22 Millionen Euro (1. Quartal 2015).

Über alle Facharztverträge (Gastroenterologie, Kardiologie, Orthopädie und Psychiatrie-Neurologie-Psychotherapie) hinweg ergibt sich im ersten Quartal ein Vergütungsvolumen von 19,33 Millionen Euro (Vorjahresquartal: 13,85 Millionen Euro). 1403 Vertragsärzte oder Psychotherapeuten sind in einen der Verträge eingeschrieben gewesen (Vorjahresquartal: 1250).

Medi sieht die Haus- und Facharztverträge als wichtige Stütze für Praxen. Mit dem Projekt "Arztpraxis 2020" spricht Medi niedergelassene Ärzte an, die eine Abgabe ihrer Praxis erwägen und will ihnen eine neue Berufsperspektive geben. Mit dem Projekt will Medi Ärzten helfen, wie sie ihre Praxis zusammen mit Kollegen in ein MVZ überführen können.

Der Hintergrund dafür ist, dass der Gesetzgeber Versorgungszentren ausdrücklich fördert - zuletzt mit dem Versorgungsstärkungsgesetz. "Die neue gesetzliche Option, fachgleiche MVZ gründen zu können, wird wegen der funktionierenden Hausarztverträge in Baden-Württemberg gerade für Hausärzte interessant sein", sagt Baumgärtner.

Es gebe zur Zeit sechs Interessenten, die erwägen, ihre Praxen in ein MVZ umzuwandeln, berichtet er. Man wolle als Verbund noch in diesem Jahr zwei oder drei dieser Projekte begleiten und realisieren.

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