Generation 50plus

Mehr Reha-Budget - fit für Beruf bis 67

Die Babyboomer der 60er Jahre kommen in die Renten-nahen Jahrgänge. Ihre Arbeitskraft wird aber in der Wirtschaft gebraucht, und langfristig sollen ohnehin alle bis 67 arbeiten. Fazit: Mehr Reha für mehr Fitness.

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Ohne sie geht bald kaum noch was: Generation 50plus im Beruf.

BERLIN/KÖLN (iss). Die Rentenversicherungsträger scheinen Gehör zu finden: Die von ihnen geforderte Lockerung des Deckels für Rehabilitationsleistungen könnte schon im kommenden Jahr Realität werden. Das Bundesarbeitsministerium plant die Aufstockung der finanziellen Mittel für die Rehabilitation um eine "Demografiekomponente".

Die zusätzlichen Mittel sind abhängig von der Zahl der Menschen, die sich im rehaintensiven Alter befinden. Das bezeichnet den Zeitraum vom 45. Lebensjahr bis zum Renteneintritt.

Erst Entwurf, aber wichtiges Etappenziel

Die Deutschen Rentenversicherung Westfalen begrüßt die Pläne, die sich zurzeit noch im Stadium eines Referentenentwurfs befinden. "Dieser Schritt ist zu begrüßen, denn er ist wichtig, um auf den demografisch bedingten höheren Reha-Bedarf angemessen reagieren zu können", sagt Direktor Thomas Keck.

Der Gesetzentwurf sei ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zu einer ausreichenden Finanzausstattung der Rehabilitation. Von der neuen Demografie-Komponente würden nicht nur Arbeitnehmer profitieren, sondern auch Kinder und Rentner, betont der Rentenversicherer.

"Diese Maßnahme ist überfällig", sagt Angela Deventer, Vorsitzende des Berufsverbands der Rehabilitationsärzte Deutschlands. "Die Lockerung des Reha-Deckels ist notwendig, um das gesellschaftlich gewünschte Prinzip Reha vor Pflege umsetzen zu können", sagt sie.

Ältere Berufstätige gegen Fachkräftemangel

Mindestens genau so wichtig, wie die angemessene Versorgung der älteren Patienten sei, dass die Generation der über 50-Jährigen die benötigten Rehabilitationsleistungen tatsächlich in Anspruch nehmen könne - nicht zuletzt, um angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels die Arbeitskraft unter Wahrung der Lebensqualität so lange wie möglich erhalten zu können.

Darauf war bereits vor genau einem Jahr in einem Prognos-Gutachten hingewiesen worden: So steigt die Zahl der Beschäftigten über 55 Jahren zwischen 2008 und 2025 um gut 50 Prozent auf 9,2 Millionen.

Deren Leistungskraft und Arbeitsfähigkeit werden mitentscheidend für die künftige Prosperität der deutschen Wirtschaft sein. Das bislang nach der Grundlohnentwicklung gewachsene Reha-Budget ist aber bereits an seine Grenzen gestoßen und müsste demografisch dynamisiert werden.

Spezialisten: Investition in Reha lohnt sich

Dass sich dies lohnt, rechneten die Prognos-Spezialisten vor: Die Kosten für eine Rehabilitation amortisiert sich aus der Perspektiver der Sozialversicherung bereits im vierten Monat, vor allem weil die Zahl der Frühverrentungen verringert werden kann und die Beitragseinnahmen aller Sparten höher ausfallen.

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Kommentare
Dr. Walther J. Kirschner 15.08.201212:32 Uhr

Medizinische Rehabilitation - demografische Aufwertung, ökonomische Bedingungen

Die zunehmende Bedeutung der medizinischen Rehabilitation wird ausdrücklich benannt. Die Veranlassung erfolgt primär, wie dargestellt, nicht wegen medizinischen Bedarfs od. sinnhafter gezielter Gesundheitspolitik. Vielmehr werden zunehmende Defizite in der Entwicklung der Zahl der Erwerbstätigen konstatiert, in Verbindung mit der (seit längerer Zeit bekannten)demographischen Entwicklung (Alterung etc.).

Daß dabei die medizinische Rehabilitation (potenziell besserer und optimierter Erhalt der Erwerbsfähigkeit/Zahl der Erwerbstätigen) eine zentrale medizinische und gesellschaftliche Rolle spielen kann und muß, wurde in der Vergangenheit von der Gesundheits- und Arbeitspolitik sowie von der Gesellschaft insgesamt eher ignoriert und tabuisiert. Erst jetzt bewirken zunehmende ökonomische und gesellschaftliche Probleme mehr Aufmerksamkeit für Optionen der medizinischen Rehabilitation.

Aber: nur Wünsche allein genügen nicht - es müssen Taten folgen. Ohne eine sachlich adäquate Aufwertung und Ausstattung gibt es keine Effekte. Konkretes: eine dreiwöchige stationäre Rehabilitation kostet ca. 1.500-2.000 €, also dramatisch weniger, als die meisten anderen Behandlungsmöglichkeiten.

Im Vergleich hierzu kostet ein einziger stationärer Behandlungstag (Tagespauschale) in einer größeren Klinik bereits ebensoviel, auch technische Untersuchungs-/Behandlungsverfahren einschließlich mancher operativen Verfahren werden vergleichsweise ganz erheblich höher dotiert. Gleichzeitig sind Aufwand und Nutzen oft nicht im Einklang. Dies liegt nicht in Rationalen, sondern in tradierten Vorgängen begründet. Ein Paradigmenwechsel steht noch an - abhängig vom politischen Umfeld.

Wie man es dreht und wendet: an den jetzigen und zukünftigen demografischen Entwicklungen mit zunehmender Alterung, höherer Morbidität, zunehmendem medizinischen Bedarf, potenziell und tatsächlich rückläufiger Zahl der Erwerbstätigen und weiterer gesllschaftlicher Auswirkungen, kommt man nicht vorbei.

Neue Strukturen der medizinischen Versorgung mit deutlicher Aufwertung der Rehabilitation und Korrekturen ineffektiver teurer Akutmedizin sind ebenso erforderlich wie neue Ansätze der Gesundheitspolitik.

Dr. med. Walther J. Kirschner
FA Orthopädie et al.

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