Koalition streitet
Merkel stellt Praxisgebühr infrage
Wohin mit der Praxisgebühr? Weg, fordert Minister Bahr seit langem. Die Kanzlerin wollte davon bislang nichts wissen - zumindest bis jetzt. Aber es gibt noch andere Töne in der Union.
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Zehn Euro wandern beim Arztbesuch pro Quartal über die Praxistheke.
© Mathias Ernert
BERLIN (sun/HL). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angekündigt, die Abschaffung der Praxisgebühr zu prüfen - darüber ist erneut ein koalitionsinterner Streit entfacht.
Die CSU will an der Zehn-Euro-Gebühr festhalten: Besser wäre es, den Beitragssatz zu senken, forderte Johannes Singhammer. Doch dadurch werde keine Bürokratie abgebaut, kontert Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP).
Ausgelöst hatte diesen Streit die jüngsten Berechnungen des Schätzerkreises für das Gesundheitswesen.
Demnach sollen die Rücklagen von Gesundheitsfonds und gesetzlichen Krankenkassen bis zum Jahresende auf über 25 Milliarden Euro, voraussichtlich sogar bis zu rund 29 Milliarden Euro wachsen.
Widerspruch vom Bundesgesundheitsminister
Noch im September hatte Merkel verkündet, dass die Praxisgebühr in jedem Fall bleibe.
Die gute finanzielle Lage der GKV hat die Kanzlerin offenbar zum Überprüfen dieser Haltung angeregt: Sie denke intensiv "über die Argumente, die da vorgebracht werden, nach", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit.
Diese Ankündigung stieß bei der CSU auf wenig Gegenliebe: CSU-Politiker Singhammer sprach sich gegen eine Abschaffung aus. Damit entfiele ein wichtiges Element der Eigenbeteiligung.
Es sei für alle gerechter, den Beitragssatz von derzeit 15,5 Prozent zu senken, sagte er der "Ärzte Zeitung". Denkbar seien etwa 0,2 Prozentpunkte. Davon würden Arbeitnehmer und Arbeitgeber profitieren.
Bahr widersprach: "Eine Senkung des Kassenbeitragssatzes würden die Bürger auf dem Lohnzettel kaum wahrnehmen", sagte er der "Ärzte Zeitung". Zudem werde dann auch keine Bürokratie abgebaut.
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