Antrag im Bundesrat

Minister Philippi: Wir müssen „Gerechtigkeit in den Wartezimmern schaffen“

Niedersachsens Gesundheitsminister fordert die Bundesregierung auf, gleiche Chancen auf rasche Arzttermine für alle Versicherten herzustellen. Baden-Württemberg dringt auf einen schlanken Finanzausgleich zwischen den Kassen.

Veröffentlicht:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung auch über zwei gesundheitspolitische Anträge aus Niedersachsen und Bayern debattiert. Sie werden nun im Fachausschuss weiter beraten.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung auch über zwei gesundheitspolitische Anträge aus Niedersachsen und Bayern debattiert. Sie werden nun im Fachausschuss weiter beraten.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Der Bundesrat hat am Freitag zwei gesundheitspolitische Entschließungen debattiert, deren Beratung nun im Gesundheitsausschuss fortgeführt werden soll.

Niedersachsen verlangt in seinem Antrag gesetzlichen Schritte, um einen „gleichberechtigten Zugang von gesetzlich und privat Krankenversicherten zur ambulanten medizinischen Versorgung“ sicherzustellen. „Zwei-Klassen-Medizin ist keine Theorie“, sagte Niedersachsen Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) bei der Vorstellung des Antrags, sondern sei „frustrierende Realität“. Er bezeichnete es als „nicht hinnehmbar“, dass GKV-Versicherte bei der Terminvergabe benachteiligt würden. „Das ist kein Vorwurf an die Ärzteschaft“, stellte der Facharzt für Chirurgie klar, sondern es handele sich um ein systemisches Problem.

Duales System passt nicht zu einem modernen Gesundheitswesen

Es müsse darum gehen, „Gerechtigkeit in den Wartezimmern zu schaffen“, sagte der Minister in seiner Rede. Die Bürger erwarteten zu Recht Lösungen, denn es gehe um das Vertrauen in die Daseinsvorsorge. Aus Sicht von Philippi passt das historisch gewachsene System aus GKV und PKV „nicht in ein modernes, gerechtes Gesundheitssystem“. Er forderte die künftige Bundesregierung zu „gezielten gesetzlichen Anpassungen“ auf.

Mögliche Instrumente seien die Kontingentierung von Terminen für PKV-Patienten oder finanzielle Anreize für niedergelassene Ärzte, die überwiegend GKV-Patienten behandeln. Dabei gehe es nicht darum, die „freiberufliche Führung von Arztpraxen in Frage stellen“. Wenn aber nicht gehandelt wird, drohe die „Kluft zwischen gesetzlich- und privatversicherten Patienten noch größer zu werden“.

Morbi-RSA als „echtes Bürokratiemonster“

In einem weiteren Entschließungsantrag regt Baden-Württemberg eine Überarbeitung des Finanzausgleichs zwischen den Krankenkassen an. Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) habe sich über die Jahre zu einem „echten Bürokratiemonster“ entwickelt, sagte Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) in der Länderkammer.

Seine primäre Aufgabe ist es, einen chancengleichen Wettbewerb zwischen den Kassen zu gewährleisten. Der komplexe Ausgleichsmechanismus sei immer weiter ausdifferenziert worden, ohne dass sich die Erwartungen an seine immer größere Zielgenauigkeit erfüllt hätten, kritisierte Lucha.

Er forderte, der Morbi-RSA müsse „drastisch vereinfacht“ und auf wenige Kriterien beschränkt werden, die dann im Gesetz verankert werden. Denn die konkrete Zuweisungshöhe sei für die Kassen immer weniger kalkulierbar, was eine solide Finanzplanung erschwere: „Dies behindert die Krankenkassen in ihrer Rolle als aktive Mitgestalter der Gesundheitsversorgung“, heißt es in der Entschließung.

Baden-Württemberg spricht sich zudem dafür aus, langfristig wirkende Investitionen in Prävention oder innovative Versorgungsangebote müssten besser im Ausgleich berücksichtigt werden.

Mit einer Entschließung fordert der Bundesrat die Bundesregierung zum Handeln auf, rechtlich bindend ist sie für die Regierung allerdings nicht. (fst)

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