Mit "präventiven Hausbesuchen" gegen Alterskrankheiten
Die Altersforscherin Ursula Lehr fordert eine komplett neue Struktur der Medizin: Die Kombination von Prävention und Geriatrie.
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Professor Ursula Lehr fordert eine Verstärkung der "altersbegleitenden Prävention".
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MÜNCHEN. Angesichts einer alternden Gesellschaft werden in Zukunft mehr Geriater als Pädiater gebraucht werden, so die frühere Bundesgesundheitsministerin Professor Ursula Lehr.
Der demografische Wandel mit einem Rückgang der Bevölkerung treffe vor allem die neuen Bundesländer, berichtete Lehr beim BKK-Tag 2012 der bayerischen Betriebskrankenkassen in München.
Nach einer aktuellen Prognose werde die Bevölkerungszahl etwa in Sachsen-Anhalt bis 2025 um 17 Prozent und in Thüringen um 14 Prozent zurückgehen. In Bayern hingegen wird mit wachsenden Einwohnerzahlen gerechnet.
Während immer mehr junge Menschen in "wirtschaftlich begünstige Gegenden" abwandern, so Lehr, blieben die Alten, die auf sich alleine angewiesen sind, zurück. Daher müsse schon heute mit einer "altersbegleitenden Prävention" begonnen werden. Denn Alterskrankheiten seien dadurch charakterisiert, dass sie im mittleren Lebensalter durch Prävention verhindert oder bekämpft werden können, erklärte Lehr.
Mobile Gesundheitsdienste sollten verstärkt eingesetzt werden
Um die medizinische Versorgung in bevölkerungsarmen Gegenden auch in Zukunft sicherstellen zu können, sollte es für Ärzte und medizinisches Personal mehr Anreize geben, sich in ländlichen Gebieten niederzulassen, forderte Lehr.
Die ärztlichen Hausbesuche müssten ausgeweitet und speziell geschulte Kräfte für "präventive Hausbesuche" eingesetzt werden. Auch mobile Gesundheitsdienste, die an bestimmten Tagen ins Dorf kommen, sowie Hol- und Bringe-Dienste für Patienten seien Möglichkeiten, die verstärkt genutzt werden sollten, meinte Lehr.
Für die künftige Versorgung werde ein schlüssiges Gesamtkonzept mit einer Medizin benötigt, die sich am Patienten orientiert, erklärte Sigrid König vom Vorstand des BKK Bayern. Gemeinsam mit den Leistungserbringern müsse die Versorgung so gestaltet werden, dass die Leistungen auch in Zukunft noch bezahlbar sind.
Die nach wie vor existierende Über- und Fehlversorgung in einigen Bereichen müsse abgebaut werden, forderte König. Beispiele hierfür seien unnötige Operationen oder Multimedikation, durch die nicht nur Patienten geschädigt, sondern auch unnötige Ausgaben verursacht würden, so König.