Sinnvolle Auffrischung
Montgomery: Corona-Drittimpfungen für alle!
Professor Frank Ulrich Montgomery, Chef des Weltärztebundes, spricht sich für Booster-Impfungen gegen Corona unabhängig von Alter oder Vorerkrankung aus – und zwar in den Arztpraxen.
Veröffentlicht:Berlin. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Professor Frank Ulrich Montgomery, hält breite Booster-Impfungen gegen Corona für sinnvoll. „Wir wissen ja inzwischen, dass die Immunität nach sechs Monaten nachlässt. Dann macht es doch Sinn, die Immunität mit einer Drittimpfung wieder aufzufrischen“, sagte Montgomery der „Ärzte Zeitung“ am Rande des 125. Deutschen Ärztetages.
Übergeordnetes Ziel der Pandemiebekämpfung sei es, Immunität der Menschen gegen das Virus herzustellen, betonte der Ehrenpräsident der Bundesärztekammer. „Und wenn die Immunität schwindet, muss man sie wiederherstellen.“
Wenn das bei den über 70-Jährigen funktioniere, dann gehe es auch bei jüngeren Menschen. „Warum man jetzt eine Beschränkung auf die Älteren oder Vorerkrankten macht, ist nicht nachvollziehbar.“
Programm fürs Boostern in Praxen
Er glaube nicht, dass es für das Boostern eine Reaktivierung der Impfzentren brauche. „Statt jetzt einen öffentlichkeitswirksamen Impfgipfel und den Wiederaufbau der Impfzentren zu fordern, wäre es besser, mit Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Hausärzteverband zu sprechen, ob man das nicht in den Praxen machen kann.“
Schließlich impften niedergelassene Ärzte jedes Jahr rund 20 Millionen Menschen gegen Influenza. Es müssten ja auch nicht alle Bundesbürger an einem Tag drittgeimpft werden. „Ich denke, das kriegt man alles in einer vernünftigen Zeit hin.“ Zuletzt hatten Hausärzte vor einem Überlaufen der Praxen gewarnt, sollten übereilt alle Bürger zum Boostern aufgerufen werden.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Auffrischung der Impfung bisher nur für Über-70-Jährige und Menschen mit Immunschwäche. Die STIKO hat eine baldige Stellungnahme zu Drittimpfungen für alle angekündigt.
Chronik der Entwicklung und Ereignisse
Alles zur Corona-Impfung
STIKO-Empfehlung wäre schön
Wenn die STIKO der Ansicht sei, dass eine dritte Impfung zur Verbesserung der Immunität führe, „dann ist das doch keine Altersfrage“, sagte Montgomery. Die Vakzine gegen COVID-19 seien für Menschen ab 12 Jahren zugelassen. „Ich sehe daher nicht, warum wir jetzt noch eine extra STIKO-Empfehlung brauchen.“
Gleichwohl fände er es „schön, wenn wir eine hätten“, betonte Montgomery.
Impfstoff gebe es mehr als genug, ging Montgomery auf Stimmen ein, die es als ungerecht bezeichnen, dass in reichen Ländern bereits Booster-Impfungen angeboten werden, während in ärmeren Ländern teils nur ein Bruchteil der Bevölkerung erst- und zweitgeimpft ist. „In meinen Augen versagt hier die WHO, weil es ihr nicht gelingt, Impfketten und Versorgungszentren in ärmeren Ländern aufzubauen.“ Die Logistik sei das Problem.
Mittlerweile seien weltweit rund 6,8 Milliarden Impfdosen gegen Corona injiziert worden – und das bei einer Weltbevölkerung von etwa sieben Milliarden Menschen, so Montgomery. Allerdings gebe es gewaltige Disparitäten. „Das müssen wir ausgleichen. Das tun wir aber nicht, indem wir mit dem Impfen hier aufhören.“
Kein magisches Datum für Ende der Pandemie
Einen „Freedom Day“ zu einem bestimmten magischen Datum anzukündigen, halte er für falsch, sagte Montgomery. „Ich bin dafür, dass wir das von Zuständen abhängig machen, also von einer sinnvollen Betrachtung der Inzidenz, von Krankenhausaufnahmen, der Belegung der Intensivstationen und dem R-Wert, weil der uns zeigt, wohin die Sache gerade geht. Wenn man das alles betrachtet, kann man Leine lassen oder muss die Leine wieder anziehen.“
Zuletzt hatte der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für möglichst viele Auffrischungsimpfungen gegen Corona geworben. An diesem Mittwoch will sich Spahn vor der Bundespressekonferenz erneut dazu äußern.