Corona-Pandemie
Spahn fordert: Corona-Impfzentren wieder startklar machen
Mit den Corona-Auffrischungsimpfungen geht es nach Ansicht vieler zu langsam voran. Gesundheitsminister Spahn fordert die Impfzentren wieder startbereit zu machen. Indes kritisieren die Grünen den Verlauf der Impfungen in den Praxen.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Angesichts stark steigender Corona-Zahlen fordert der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Länder auf, ihre Impfzentren wieder hochzufahren.
„Um möglichst vielen möglichst schnell eine Auffrischungsimpfung zu ermöglichen, sollten die Länder die Impfzentren, die sie seit Ende September in Standby bereithalten, nun wieder startbereit machen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Zudem riet Spahn dazu, in einem ersten Schritt alle Menschen über 60 schriftlich zur Impfung einzuladen.
Hintergrund ist, dass mehr Menschen eine Auffrischungsimpfung – die Booster-Impfung – gegen die nachlassende Wirkung des Impfstoffs wahrnehmen sollen. Am Wochenende hatte Spahn auch einen Gipfel zum Thema Auffrischungsimpfungen von Bund und Ländern gefordert. „Aktuelle Daten aus Israel zeigen, dass das Boostern einen ganz entscheidenden Unterschied macht, um die vierte Welle zu brechen“, sagte er der „Bild am Sonntag“.
Länder gegen Reaktivierung
Mehrere Länder lehnten eine Reaktivierung ab. Der Vorschlag komme überraschend, da die Impfzentren erst vor wenigen Wochen geschlossen worden seien, hieß es vom baden-württembergischen Gesundheitsressort. Noch in dieser Woche sollten weitere 50 mobile Impfteams eingesetzt werden, um voranzukommen. Sachsen erwägt vorerst keine Wiedereröffnung der einst 13 Zentren. Derzeit seien neben Haus- und Betriebsärzten sowie etwa 20 Kliniken 30 mobile Impfteams im Einsatz. Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) nannte Spahns Vorgehen irritierend. Das Land habe mit mobilen Impfteams eine neue Struktur geschaffen.
Das Sozialministerium in Hessen teilte auf Anfrage ebenfalls mit, zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestünde keine Notwendigkeit, die Impfzentren wieder zu öffnen. Überall in Hessen seien ausreichend Impfstoff und Kapazitäten vorhanden, um zeitnah einen Impftermin für eine Erst-, Zweit- oder – Auffrischimpfung zu erhalten. Impfungen durch die niedergelassenen Ärzte böten zudem den Vorteil, dass die regional verteilten Praxen oft einfacher und schneller zu erreichen sind als wenige zentrale Impfstellen.
Spahns Ministerium hatte zudem noch einmal darauf hingewiesen, dass grundsätzlich alle Bürger laut Impfverordnung einen Anspruch auf eine Auffrischungsimpfung haben. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Auffrischung unter anderem für Menschen ab 70, Bewohner und Betreute in Pflegeeinrichtungen für alte Menschen, Pflegepersonal mit einem direkten Kontakt zu alten Menschen und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Hilft ein Bund-Länder-Gipfel?
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntagabend skeptisch, ob ein Bund-Länder-Gipfel zum Thema Booster-Impfung Sinn macht. „Wenn wir dort nicht zum Plaudern zusammenkommen wollen, dann frage ich, was wollen wir denn verabreden und was bietet uns der Bundesgesundheitsminister an? Wir sind dabei, die Booster-Impfungen durchzusetzen. Wir haben die Ältesten schon wieder eingeladen“, sagte Müller.
Die Frage sei, was Spahn konkret besprechen wolle. „Dazu habe ich noch nichts gehört.“ Er erwarte, dass der Minister sage, welchen Plan er für die schwierigen nächsten Monate habe, erklärte Müller.
Hingegen sagte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, wenn es notwendig erscheine, dass Bund und Länder sich treffen, dann solle das auch gemacht werden, unabhängig davon, welche Regierung künftig im Amt sei. „Corona ist eine gemeinsame nationale Aufgabe, und die haben wir immer parteiübergreifend gelöst.“
Auch CSU-Chef Markus Söder und SPD-Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach hatten am Wochenende einen Gipfel von Bund und Ländern zu Corona gefordert.
Kritik an Impftempo in Praxen
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen zeigte sich unzufrieden mit dem Verlauf der Corona-Impfungen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte. „Nach der Schließung der meisten Impfzentren erfüllen die Praxen die in sie gesetzten Erwartungen erkennbar nicht, weder bei den Erst- noch bei den Booster-Impfungen“, sagte Dahmen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das Tempo bei den Erst- und Zweitimpfungen und beim Boostern reicht nicht aus.“
Der Grünen-Politiker betonte: „Wenn das Impftempo in der Regelversorgung der Praxen nicht ausreicht, werden wir endlich auch an anderen Stellen, beispielsweise Apotheken, impfen müssen.“ Er zeigte sich besorgt über die aktuelle Pandemie-Lage. „Schon in den nächsten Wochen könnte die Zahl der Intensivpatienten wieder auf bis 3000 steigen. Wenn dann noch eine heftige Grippewelle dazu kommt, laufen wir in eine Katastrophe hinein“, sagte er. (dpa)