Kommentar zum Pflegenachwuchs
Pflege ist mehr als Händchen-Halten!
Komisch eigentlich: Die Kassen müssen Tausende neue Pflegestellen finanzieren, trotzdem geht kaum einer in die Pflege. Der Grund: Es fehlt an Nachwuchs. Und den gewinnt man am besten, wenn man am Image bastelt.
Veröffentlicht:Das Stellenprogramm in der Altenpflege gerät zur Symbolpolitik. Nur 20 Prozent der versprochenen 13 .000 zusätzlichen Stellen sind binnen anderthalb Jahren geschaffen worden. Selbst unter Koalitionspolitikern wächst der Frust – von Rohrkrepierer ist mittlerweile die Rede.
Dabei lässt sich Union und SPD kein Vorwurf machen – außer dem vielleicht, dass sie das Stellenprogramm anfangs zu vollmundig angepriesen haben. Den Satz von November 2018, in jeder stationären Altenpflegeeinrichtung Deutschlands komme vom Programm etwas an, würde Gesundheitsminister Spahn heute so wohl nicht mehr wiederholen.
Der Arbeitsmarkt gibt es nicht her
Dennoch: Die schleppenden Zuwächse an neuen Stellen sind kein Indiz für Politikversagen. Sie zeigen nur: Der Arbeitsmarkt gibt das Personal für die Stellen einfach nicht her.
Der Ruf nach besseren Rahmenbedingungen in der Altenpflege wird nun lauter – und verzweifelter. Dass sie ein Hebel sind, um mehr junge Menschen in den Pflegeberuf zu ziehen, ist unbestritten. Viele Jugendliche äußern ja Interesse an Pflege, winken ob der „schlechten“ Arbeitsbedingungen aber gleich wieder ab.
Dass in der Altenpflege per se alles schlecht ist, gehört jedoch auch ins Reich der Unterstellungen. Viele Beschäftigte erleben ihren Beruf als sehr sinnstiftend und verantwortungsvoll. Sie wünschen sich einfach mehr Anerkennung.
Ein hochanspruchsvoller Beruf
Diese Wertschätzung darf sich nicht in ein paar abendlichen Applaus-Events auf dem Balkon und einer nett gemeinten – gleichwohl unübersichtlichen – Corona-Prämie erschöpfen. Zur Wertschätzung gehören auch eine flächendeckend bessere Bezahlung und ein öffentliches Bild von Altenpflege, das deutlich macht, hier ist mehr gefragt als Händchen-Halten und Assistenz beim Toilettengang.
Dieses Image eines modernen, hochanspruchsvollen Berufs stärker zu befördern und publik zu machen, wäre eine gemeinsame Kraftanstrengung wert.
Schreiben Sie dem Autor: thomas.hommel@springer.com