Zu hohe Kosten

Pflegebedürftige werden immer öfter zum Sozialfall

Wer professionelle Pflege braucht, kann die Kosten mit dem Geld aus der Pflegeversicherung oft nicht decken. Hunderttausende Betroffene werden zum Sozialfall - und es werden immer mehr.

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BERLIN. Immer mehr Pflegebedürftige sind auf zusätzliche Sozialleistungen angewiesen.

So stieg die Zahl der Empfänger von Hilfe zur Pflege in den vergangenen Jahren deutlich - von rund 340.000 im Jahr 2005 auf zuletzt 453.000.

Auf diese Daten des Statistischen Bundesamts machte die Linke-Fraktionsvize Sabine Zimmermann im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin aufmerksam.

Die Hilfe zur Pflege ist eine Sozialleistung, die den nicht durch die Pflegeversicherung gedeckten Bedarf auffangen soll, wenn Betroffene die Mittel nicht selbst aufbringen können.

444.000 mehr Empfänger

Nach den jüngsten Daten von 2014 waren 292.000 Frauen und 161.000 Männer betroffen. 321.000 Empfänger bezogen die Leistung in einem Pflegeheim.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Empfänger von rund 444.000 um 9000 an. Auch die Ausgaben für die Hilfe zur Pflege wuchsen, von 2,6 Milliarden Euro 2005 auf zuletzt 3,5 Milliarden.

Zimmermann nannte es "überhaupt nicht akzeptabel", dass immer mehr Pflegebedürftige zum Sozialfall würden. "Die vermehrte Inanspruchnahme der Sozialhilfe zur Finanzierung von Pflegeleistungen verdeutlicht, dass die Pflegeversicherung als Teilkostenprinzip in immer mehr Fällen nicht funktioniert, da die Betroffenen und ihre Familien das Geld nicht aufbringen können", sagte sie der dpa. Wegen des erwarteten Anstiegs von einkommensschwachen Älteren werde sich die Tendenz verstärken.

Immer mehr Pflegebedürftige

Auch die Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Bezogen 2005 noch 1,95 Millionen Menschen Leistungen der Pflegeversicherung, waren es 2014 knapp 2,6 Millionen, davon rund 750.000 in Heimen.

In den kommenden Jahren soll die Zahl weiter deutlich steigen. Der Eigenanteil, den Pflegebedürftige selbst zahlen müssen, wenn sie betroffen sind, ist in den vergangenen Jahren im Schnitt gewachsen.

Zimmermann forderte, die Leistungen der Pflegeversicherung müssten sich künftig am individuellen Bedarf orientieren. "Pflege darf nicht vom Geldbeutel abhängig sein."

Beiträge müssten dazu etwa - anders als heute - auch von Privatversicherten und auf Kapitalerträge bezahlt werden. (dpa)

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Kommentare
Kurt-Michael Walter 20.01.201612:48 Uhr

Sozialhilfefalle - "Der/Die fremdbestimmte u. fremdgesteuerte Rentner/In:

Es war seit Einführung der Pflegeversicherung abzusehen, dass die Systemfalle "Sozialhilfefall" für 75 Prozent der heutigen Rentner/Innen eintreten wird.

Ob PKV- oder GKV-Versicherte, die Pflegepflichtversicherung wurde bewusst von den Gesundheitspolitikern als eine "Teilkaskoversicherung" ausgelegt, in der Erwartung den großen "Reibach" mit den privat geplanten Zusatzversicherungssystem erzielen zu können.

Dass dieses geplante private Vollkaskosystem nicht funktionieren konnte liegt an der "Gier" der Privatanbieter/-versicherungsunternehmen der Zusatzversicherungsbranche.

Zukünftig werden ca. 80 Prozent aller Rentner/Innen in kasernierter und residenzpflichtiger Pflege, fremdbestimmt und fremdgesteuert als Pflegebedürftige in der Sozialhilfefalle "HarzIV-Altersheim" verbringen.





Dipl.-Med Martina Jahns 12.01.201618:40 Uhr

Pflegeversicherung

Weiss der/die VerfasserIn nicht, dass auch in der PKV eine Pflegepflichtversicherung inkludiert ist und bezahlt werden muss?? Ob der Betrag letztendlich im Alter ausreicht, sei mal dahingestellt. Schlechte Recherche!

Carsten Windt 12.01.201615:39 Uhr

Demografischer Wandel

Die Zahlen sind nicht überraschend. Nirgendwo zeigt sich der demografische Wandel stärker als in der Pflege. Wir müssen uns im klaren sein: So schön eine immer höhere Lebenserwartung ist. Je älter wir werden, desto höher das Pflegerisiko desto eher wird man ein "Sozialfall". Eine Pflegeversicherung wird nie die echten Kosten der Pflegebedürftigkeit decken können bzw. mit dem weiteren Wandel der Gesellschaft würde eine "Vollkasko" kurz über lang unbezahlbar werden.

Auch das Kapital gut situierter Rentner bzw. Pensionäre ist schnell aufgebraucht, denn wer kann schon einen Pflegesatz von über 3000 € im Monat auf Dauer bezahlen? Wer staatliche Pflegeheime kennt weis: Wer Geld hat muss auch mehr bezahlen, obwohl er die gleiche Leistung bekommt.....

Was wir heute in der Pflegeversicherung erleben werden wir in nicht weiter Zukunft in der GKV erleben´. Eine Bürgerversicherung würde dabei auch nichts ändern, da die GKV nicht nachhaltig ist. Durch ignorieren der Tatsache, dass gerade im Alter die Leistungsinanspruchnahme explodiert, aber der Beitrag eher sinkt (Rente ist eben niedriger als Arbeitseinkommen) kann in Zukunft die GKV nur noch durch höhere Beiträge und niedrigere Leistungen erhalten bleiben. GGF entscheidet dann wie in Großbritannien ein Ethikrat -nicht der Arzt- ob und welche Behandlung erforderlich ist.

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