Pflegekommission
Pflegelöhne gehen in den Steigflug
Pflegekräfte sollen in Deutschland künftig deutlich mehr Geld verdienen. Eine achtköpfige Pflegekommission beschloss nun höhere Mindestlöhne, die nach Qualifikation gestaffelt sind.
Veröffentlicht:Berlin. Die Löhne in der Pflege gehen in den Steigflug. Ausgebildete Altenpflegekräfte sollen spätestens 2022 ein Bruttomindestentgelt von 2664 Euro (ohne Zuschläge) im Monat erhalten.
Darauf hat sich die achtköpfige Pflegekommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern am Dienstag einstimmig verständigt.
Derzeit gibt es sowohl im Westen als auch im Osten noch Pflegelöhne von unter 2000 Euro brutto.
2017 lagen die monatlichen Durchschnittslöhne für Fachkräfte in der Altenpflege laut Angaben des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung deutschlandweit bei 2612 Euro. Im Westen betrugen sie 2855 Euro und in den neuen Bundesländern 2356 Euro (siehe nachfolgende Grafik).
Nach Qualifikation gestaffelte Mindestlöhne
Erstmals soll es laut Beschluss der Kommission nun nach Qualifikation gestaffelte Mindestlöhne geben. Bis zum 1. April 2022 sollen die Mindestentgelte für Pflegehilfskräfte auf 12,55 Euro steigen. Einjährig ausgebildete Hilfskräfte sollen dann 13,20 Euro erhalten.
Der Stundenlohn für Pflegefachkräfte soll dann 15,40 Euro in Ost und West nicht mehr unterschreiten dürfen. Ab Juli 2020 sollen die Löhne für ungelernte Hilfskräfte in der Pflege bereits auf 11,60 Euro im Westen steigen. Der allgemeine Mindestlohn liegt bei 9,35 Euro.
„Insbesondere die Festlegung verschiedener Mindestlöhne nach Qualifikation ist für uns ein wichtiges Signal“, sagte Norbert Altmann vom Caritasverband. Endlich spiegele sich auch im Mindestlohn wider, dass sich eine Ausbildung zur Fachkraft lohne.
Altmann betonte, dass die Caritas die in der Kommission festgelegten Werte auch künftig deutlich überschreiten werde. Die kirchlichen Arbeitgeber liegen außerhalb des normalen Tarifrechts und zahlen traditionell mehr. Bedingung dafür, so Altmann sei aber die Sicherung der Refinanzierung aller tariflichen Entgelte.
SPD pocht auf allgemeinverbindlichen Tarifvertrag
Nach der Einigung auf höhere Pflegemindestlöhne in Deutschland pocht die SPD im Bundestag auf einen Tarifvertrag für ganz Deutschland. „Wir wollen einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Pflege“, sagte SPD-Fraktionsvize Katja Mast der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Für einen solchen Tarifvertrag hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Folge einer Einigung in der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) der großen Koalition bereits die Weichen gestellt.
Eigens dafür hat sich ein Arbeitgeberverband gegründet, die „Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche“ (BVAP), die derzeit mit Verdi über einen Tarifvertrag verhandelt. Der Verband vertritt allerdings nur einen geringen Bruchteil der Pflegekräfte. Die Konstruktion steht in der Kritik.
Gleichwohl plant Heil, falls es zu einer Einigung kommt, den Vertrag für allgemeinverbindlich zu erklären. Die rechtliche Grundlage dazu bietet das Arbeitnehmerentsendegesetz.
Der ehemalige Wirtschaftsminister und Kommissionsmitglied Rainer Brüderle erklärte daher am Dienstagabend, die Kommission sei handlungsfähig. Weitere gesetzliche Eingriffe brauche es nicht.
Tarifvertrag „überflüssig wie ein Kropf“
Einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag benötige man nun nicht mehr, sagte Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Die Bundesregierung habe immer betont, dass sie einen der beiden Wege – allgemeinverbindlicher Tarifvertrag oder Kommissionsentscheidung – gehen wolle.
„Dass Arbeitsminister Hubertus Heil nun immer noch einer Kleingewerkschaft in der Altenpflege und einem Miniarbeitgeberverband hinterherhechelt, ist nach diesem Durchbruch in der Pflegekommission nicht mehr zu erklären“, sagte Meurer.
Auch der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege, Thomas Greiner, hieb in diese Kerbe. Ein „Zwangstarifvertrag“ sei so „überflüssig wie ein Kropf“, sagte Greiner. Dabei werde verschwiegen, dass ein solcher Tarifvertrag die Kosten ins Uferlose steigen lassen würde, die an den Pflegebedürftigen hängenblieben.
Einigung auf mehr Urlaubstage
Tatsächlich ist die Kommission mit ihren Regelungen weit über die Festlegung von Löhnen hinausgegangen. So haben sich die Verhandlungspartner auf fünf Tage mehr Urlaub für Pflegekräfte im Jahr 2020 geeinigt.
In den Jahren 2021 und 2022 sollen die Pflegekräfte, die bislang nur den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche erhalten, sechs Tage Erholungsurlaub mehr bekommen.
Allein damit erhöhten sich die Bruttopersonalarbeitskosten der Pflegearbeitgeber um 2,5 bis 3 Prozent, rechnet die Caritas vor.