Hessens Pakt

Positive Bilanz und Ärger bei der KV

Seit einem Jahr gibt es in Hessen den Pakt zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in ländlichen Bereichen. Die Regierung ist zufrieden - nur die KV ist über einen Teil des Paktes verärgert.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Sozialminister Grüttner - spricht von einem Erfolg.

Sozialminister Grüttner - spricht von einem Erfolg.

© Seeliger / imago

WIESBADEN. Hessens Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) hat ein Jahr nach Beginn des "Hessischen Pakts zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung" eine positive Bilanz gezogen.

"Wir können nach einem Jahr eindeutig von einem Erfolg sprechen", sagte er in Wiesbaden. Obwohl Hessen statistisch gesehen nicht als unterversorgt gilt, soll der Pakt bis 2014 Projekte auf den Weg bringen, damit in einigen Bereichen eine drohende Unterversorgung abgewendet wird.

"Zwar besteht nach den derzeitigen Bundesvorgaben in fast allen hessischen Landkreisen und Städten eine statistische Überversorgung. Trotzdem ist eine ungleiche räumliche Verteilung der Arztsitze innerhalb der Planungsbereiche schon heute feststellbar", so Grüttner.

Als wichtigsten Baustein sehen Grüttner und die Paktpartner, darunter die Ersatzkassen in Hessen, die Landesärztekammer und die KV Hessen, die aktive und finanzielle Förderung von Niederlassungen in ländlichen Regionen.

Für das Jahr 2012 sind laut Grüttner 32 Förderanträge eingegangen. Allerdings werden davon nur acht Praxen mit jeweils 50.000 Euro gefördert. Sechs der Praxen werden von Medizinerinnen geführt.

Für die Förderung stehen pro Jahr vom Land 600.000 Euro zur Verfügung -  der Topf konnte 2012 also nicht ausgeschöpft werden.

"Daher appellieren wir an alle jungen Medizinerinnen und Mediziner, sich für eine Niederlassung in ländlichen Räumen zu interessieren", sagte Grüttner.

Land fördert Zentren an Unis

Junge Mediziner sollen sich, so ein weiteres Ziel des Paktes, schon möglichst frühzeitig für die Arbeit als Hausarzt interessieren. Dafür wurden zwei Kompetenzzentren Allgemeinmedizin an den Universitäten Frankfurt und Marburg aufgebaut.

Das Land Hessen fördert beide Zentren mit jährlich 150.000 Euro. "Diese Landesmittel sind zukunftsweisend investiert. Wir sicher damit die hausärztliche Versorgung der hessischen Bevölkerung", sagte Grüttner.

An den Zentren soll die Verbindung zwischen Studenten und akademischen Lehrpraxen aufgebaut und die Begeisterung für den Hausarztberuf geweckt werden.

Durch die enge Anbindung an die Universität sollen auch bereits niedergelassene Ärzte als Leiter von künftigen Weiterbildungsverbünden geschult und die Verbünde mit inhaltlich begleitet werden.

Mit der Förderung der Universitäten will das Land auch sicherstellen, dass die Weiterbildung von Allgemeinmedizinern in Hessen reibungsloser klappt als bisher. In Hessen gibt es inzwischen zehn regionale Weiterbildungsverbünde.

"Weitere 15 befinden sich mit intensiver Betreuung durch die Kompetenzzentren im Aufbau", erklärte Grüttner.

Neben der Förderung der Niederlassung ist auch die Reform der Bedarfsplanung ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung der Versorgung.

Hier sieht Grüttner sein Land auf gutem Weg -  hat er doch 2011 als damaliger Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) die Verhandlungen mit dem Bund zum Versorgungsstrukturgesetz geführt.

Strich durch die Rechnung gemacht

Bei der künftigen Bedarfsplanung sollen regionale Besonderheiten stärker ins Gewicht fallen, so dass der Landesausschuss von KV und Kassen auch von Bundesvorgaben bei der Zahl der Arztsitze abweichen kann.

Zur Kommunikation zwischen Land, Kassen und Ärzten hatte Grüttner bereits die regionalen Gesundheitskonferenzen (RGK) einberufen. Historisch gesehen wurden sie aus dem bisherigen Krankenhausbedarfsgremium entwickelt.

Allerdings gibt es von der KV Kritik an den RGK: "Obwohl die ambulanten Gesundheitsberufe die ersten Ansprechpartner bei der Entwicklung zeitgemäßer ambulanter Versorgungsstrukturen sein müssen, sind sie in dem Gremium deutlich unterrepräsentiert", heißt es in einer Resolution der KV, die auf der VV verabschiedet wurde.

In dem Dokument heißt es, dass in den RGK die Kliniken und Kassen dominieren. "Deswegen sind die RGK derzeit nicht geeignet, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen."

Und weiter: "Die regionalen Gesundheitskonferenzen sind offensichtlich der erste Schritt des Landes beim Versuch, auch das ambulante Versorgungsgeschehen maßgeblich mitzugestalten und dabei die dafür Hauptverantwortlichen weitgehend auszugrenzen."

Allerdings haben auch die Vertreter der Ärzteschaft dem Land beim Pakt einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Da ein HzV-Vertag geschlossen wurde - der aber noch nicht veröffentlicht wurde -, werden nun Projekte zur Delegation von ärztlichen Leistungen nicht wie im Pakt ursprünglich erprobt und evaluiert.

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