BÄK plant
Pranger für Chefarzt-Verträge
Alle Boni abschaffen! Der Marburger Bund hat in seiner Hauptversammlung klar Stellung gegen wirtschaftliche Zielvorgaben in Chefarzt-Verträgen bezogen. Unterstützung kommt von der BÄK: Sie kündigt eine Kontaktstelle an, an die Ärzte Vertragsentwürfe senden können.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Marburger Bund (MB) tritt an, die "Dominanz des Ökonomischen" in den Krankenhäusern zu brechen. "Zweck eines Krankenhauses ist nicht Ökonomie, sondern die Medizin", sagte MB-Chef Rudolf Henke anlässlich der 122. Hauptversammlung des Ärzteverbandes am Freitag in Berlin.
Im Visier hat die MB-Spitze vor allem die Anbindung der Chefarztvergütungen an Umsatzziele der Kliniken. "Ärzte sind zuallererst ihren Patienten verpflichtet."
Sie müssten unbeeinflusst von den ökonomischen Interessen der Krankenhäuser ihrer Tätigkeit nachgehen können, betonte Henke.
Der Marburger Bund betrachte mit Sorge, dass Chefarztverträge immer häufiger variable Einkommensbestandteile enthielten, die an Zielgrößen gekoppelt seien. Dies sei nicht zum Wohle aller Patienten, warnte der MB-Vorsitzende.
Als Beispiel nannte Henke den der Manipulation verdächtigen Transplantationsmediziner in Göttingen, der laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung" für jede verpflanzte Leber 1500 Euro zusätzlich erhalten haben soll.
An Qualität orientieren
"Fallzahlen haben in Zielvereinbarungen nichts zu suchen", wandte sich Henke auch an die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Wenn überhaupt, dann seien Boni an medizinischer Qualität und Patientenzufriedenheit auszurichten.
"Wir fordern die DKG auf, in ihren Empfehlungen unmissverständlich klarzustellen, dass es in Arbeitsverträgen keine finanziellen Anreize für einzelne Operationen oder andere stationäre Leistungen geben darf."
Versäumnisse in der Krankenhausplanung führten ebenfalls dazu, die Ökonomisierung der Krankenhausmedizin voranzutreiben.
Eine verantwortungsvollere Planung, die sich nicht an Bettenzahlen, sondern an Qualitätsaspekten orientiere, könne den wirtschaftlichen Druck auf die Häuser mildern, sagte Henke.
Die Bundesärztekammer hat angekündigt, eine Kontaktstelle einzurichten, um die Bonuszahlungen für Chefärzte zu überprüfen. Dort sollen Ärzte Vertragsentwürfe mit entsprechenden Passagen melden können.
Ärztepräsident Professor Frank Ulrich Montgomery drohte den Klinikverwaltungen unverhohlen: "Wir behalten uns vor, unsere Prüfungsergebnisse bei rechtlich oder ethisch-moralisch besonders kritischen Fällen auch zu veröffentlichen", sagte Montgomery.
Die eingehende rechtliche Bewertung von Verträgen solle weiterhin die zuständige Landeskammer auf Grundlage der jeweiligen Berufsordnung vornehmen.
Kontaktstelle der BÄK: dezernat5@baek.de
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