Praxiszulassung: Freiheit und Gängelung

Die geänderte Zulassungsverordnung bringt Ärzten manche Erleichterung bei der Niederlassung. Andere Aspekte sind umstritten.

Von Antonia von Alten Veröffentlicht:
In Zweigpraxen darf das Angebot von dem am Hauptsitz abweichen.

In Zweigpraxen darf das Angebot von dem am Hauptsitz abweichen.

© ill/sth

Ab 2012 können Ärzte die Zulassungen für einen angestellten Arzt in eine Freiberufler-Zulassung zurückführen. Das gibt Vertragsärzten eine größere Flexibilität.

Medizinrechtler Dr. Ingo Pflugmacher sieht in dieser Änderung eine interessante Option vor allem für Gemeinschaftspraxen, die junge Ärzte zunächst in einer Kennenlernphase anstellen und sie nach einiger Zeit zum Partner mit eigener Zulassung machen wollen.

Doch das ist nur eine von vielen Änderungen in der Zulassungsverordnung, die über das GKV-Versorgungsstrukturgesetz eingeflossen sind.

Ein weiterer Punkt ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die über das Gesetz verbessert werden soll, um so die Hürden für eine Niederlassung möglichst niedrig zu legen: Zwölf Monate lang soll sich eine Vertragsärztin nach der Geburt eines Kindes in ihrer Praxis vertreten lassen können - bisher hatte sie nur Anspruch auf sechs.

Mehr Freiräume für die wachsende Familie können sich junge Eltern durch die Beschäftigung eines Entlastungsassistenten schaffen. Dieser kann unterstützend tätig werden, um den Arbeitsumfang der Praxisinhaber zu reduzieren, wenn dieser beispielsweise Kinder erzieht.

Zulassungsverordnung

Die wichtigste Rechtsgrundlage für das Binnenverhältnis zwischen Vertragsärzten und -psychotherapeuten sowie der Kassenärztlichen Vereinigung ist die Zulassungsverordnung für Vertragsärzte. In dieser Verordnung, die aus den 50-er Jahren des 20. Jahrhunderts stammt, werden etwa Arztregister, die Bildung von Zulassungsbezirken und die Bedarfsplanung geregelt. Die Voraussetzungen für eine Zulassung und die Pflichten, die mit dem Versorgungsauftrag zusammenhängen, sind für Ärzte, die sich niederlassen wollen, wichtig. Hier ist es mit dem GKV-VStG zu einer Lockerung gekommen.

Die Beschäftigung eines Assistenten ist sogar bis zur Dauer von drei Jahren zulässig, wobei dieser Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss. Auch die Pflege eines nahen Angehörigen gilt jetzt als Grund für die Beschäftigung eines Assistenten.

Zweigpraxen lassen sich leichter gründen

Eine weitere Erleichterung: Die Residenzpflicht, nach der Ärzte ihren Wohnsitz so zu wählen hatten, dass sie für die Versorgung am Vertragsarztsitz zur Verfügung stehen, ist abgeschafft. Künftig können auch Ärzte ihren Wohnort frei wählen.

Im letzten Augenblick ins Gesetz gerutscht ist eine Liberalisierung bei der Gründung von Zweigpraxen: So ist es nicht mehr notwendig, dass in der Zweigpraxis nur Leistungen angeboten werden, die auch "in ähnlicher Weise" am Vertragsarztsitz angeboten werden.

Auch bei den Mindestpräsenzzeiten am Vertragsarztsitz hat es, jedenfalls für MVZ, Erleichterungen gegeben, die es möglich machen, eine Filiale zu führen.

Zu einem Spießrutenlaufen könnten allerdings künftig Praxisverlegungen werden. Umzugspläne von Vertragsärzten - etwa, um eine Kooperation einzugehen - können Zulassungsausschüsse künftig deutlich einschränken, wenn sie durch den Umzug die Versorgung in Gefahr sehen.

Nach Ansicht von Medizinrechtler Pflugmacher liegt die Genehmigung jetzt im Ermessen des Zulassungsausschusses. Wenn - so das Beispiel Pflugmachers - ein Arzt künftig seine Praxis zum Beispiel in einem großflächigen Landkreis vom Dorf in die Kreisstadt verlegen möchte, könnte der Zulassungsausschuss leichter als bisher sein Veto einlegen.

Ärzte, die eine derartige Kooperation verhindern möchten, können durch einen Einspruch jedenfalls eine erhebliche Verzögerung der Kooperationspläne bewirken. Die Änderung könnte also für Praxisverkäufer und Käufer große Auswirkungen haben.

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