Pressestimmen zum Transplantationsskandal
Der Transplantationsskandal erschüttert nicht nur die Universitätsklinik Göttingen. Die Diskussionen, wie es dazu kommen konnte und welche Auswirkungen der Skandal auf die Organspende-Bereitschaft der Bürger haben könnte, zieht sich durch alle Medien. Hier einige Pressestimmen.
Veröffentlicht:Fast blauäugig hat der Gesetzgeber die Kontrolle über die Organspende verschiedenen Kommissionen unter dem Dach der Bundesärztekammer überlassen. Als Teil der ärztlichen Selbstkontrolle gehören sie zum System. Zudem sitzen überwiegend Transplantationschirurgen darin.
Wer aber selbst Organe verpflanzt und vom Wohlwollen seiner Chirurgen-Kollegen abhängig ist, der kann kein echtes Interesse an Aufklärung haben. So entsteht immer wieder der Eindruck, das deutsche Organspendewesen sei ein Geheimbund.
Heilbronner Stimme: Skrupellose Netzwerke
Schwer vorstellbar, dass nur ein einziger Arzt an der Uniklinik Göttingen an diesen unethischen Betrugsmanövern beteiligt war. Bei großflächigen Retuschen an Krankenakten, dem geschickten Fälschen von Laborwerten.
Vieles spricht für ein Netzwerk, dessen Beteiligte die Hand aufhielten und sich skrupellos zu Herren über Leben und Tod aufschwangen.
Westdeutsche Zeitung: Rückschlag für die Organspende
Täglich sterben drei Patienten, weil Spenderorgane fehlen. Es ist so etwas wie eine Urangst des Menschen, dass er befürchtet, nach seinem Tod ausgeschlachtet zu werden. Dass Ärzte den Kampf um sein Leben frühzeitig aufgeben, um die Organe entnehmen zu können.
Die im Mai auf den Weg gebrachte Reform war deshalb ein großer Fortschritt, die Deutschen für die Organspende zu sensibilisieren. Der Skandal von Göttingen ist für dieses Bemühen ein schwerer Rückschlag. Eine Leber gegen Geld? Das Vertrauen ist weg.
Hamburger Abendblatt: Organspende - jetzt erst recht!
Beim Thema Organspende drücken sich die meisten Bürger um ihre Verantwortung. Die Politik holt sie aus dieser Ecke leider nicht heraus. Der jüngste Bundestagsbeschluss, nach dem die Krankenkassen bald unverbindliche Aufforderungen verschicken, einen Spenderausweis auszufüllen, ist halbherzig und wenig Erfolg versprechend.
Jedem Bürger wäre zuzumuten, sich - zum Beispiel beim Ausstellen des Personalausweises - klar zu äußern, ob man im Falle des eigenen Todes Organspenden erlaubt oder nicht. Die Frage "Würden Sie, um Ihr eigenes Leben zu retten, sich das Organ eines anderen einsetzen lassen?" sollte sich dabei jeder ins Gedächtnis rufen.
Der Kriminalfall in Göttingen sollte uns eine Aufforderung sein, den Organnotstand im Land schnell zu beheben.
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