Studie zur Terminvergabe
Privatpatienten kommen schneller an einen Facharzttermin
Wer privat versichert ist, erhält deutlich schneller einen Termin beim Facharzt. Das belegt eine Studie.
Veröffentlicht:Essen. Eine aktuelle Studie belegt die Besserstellung von Privatpatienten, wenn es um Termine beim Facharzt geht. Sie haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, für bestimmte Untersuchungen einen Termin zu bekommen – auf den gesetzlich Versicherte dann auch doppelt so lange warten müssen.
In die Untersuchung des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Cornell University aus den USA waren 991 Praxen von HNO-Ärzten, Allergologen und Gastroenterologen aus 36 deutschen Landkreisen einbezogen.
Bei dem randomisierten Feldexperiment hatten sich zwischen April 2017 und Mai 2018 vermeintliche Patienten bei den Praxen gemeldet und einem standardisierten Protokoll folgend Termine für drei Untersuchungen erbeten: Allergietest, Hörtest und Magenspiegelung. Die Anrufer nannten jeweils den Versicherungsstatus.
Untersuchungen mit Alltagsrelevanz
„Wir haben Untersuchungen ausgewählt, die häufig vorgenommen werden und die eine gewisse Alltagsrelevanz haben“, sagt der Gesundheitsökonom Professor Ansgar Wübker vom RWI der „Ärzte Zeitung“. Er hat die Studie gemeinsam mit Anna Werbeck vom RWI und Professor Nicolas Ziebarth von der Cornell University verfasst.
Die Praxen nannten 85 Prozent der Patienten einen konkreten Termin. Die Wahrscheinlichkeit, zum Ziel zu kommen, war bei den Privatpatienten um 7 Prozent höher. Die Wartezeit auf den Termin betrug bei ihnen im Schnitt zwölf Tage, bei den gesetzlich Versicherten waren es dagegen 25.
„Die Ergebnisse legen nahe, dass die höhere Vergütung der Hauptgrund für die Bevorzugung von Privatversicherten ist“, kommentiert Wübker. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Untersuchungen. Bei Magenspiegelungen und Allergietests wurde den gesetzlich Versicherten signifikant seltener ein Termin angeboten als Privatpatienten, zudem mussten sie viel länger warten. Bei den Hörtests waren die Unterschiede deutlich geringer.
Die Autoren erklären das damit, dass die PKV-Vergütung bei Magenspiegelungen und Allergietests deutlich höher ist als das GKV-Honorar, während die Differenz bei Hörtests viel geringer ist.
In Städten Unterschied eklatanter
Laut der Studie ist die Ungleichbehandlung in Städten und Kreisen mit hoher Bevölkerungsdichte tendenziell höher als in ländlichen Gebieten.
Wübker weist darauf hin, dass nach der Erhebung der Daten das Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt wurde mit dem Ziel, Unterschiede bei den Wartezeiten zu minimieren. „Im Kern sind die Vergütungsunterschiede aber immer noch groß.“Ziel der Wissenschaftler sei es gewesen, Unterschiede bei der Terminvergabe aufzuzeigen, sagt der Gesundheitsökonom. Die Anpassung der Vergütungsniveaus in GKV und PKV könnte eine Möglichkeit sein, die Ungleichheiten zu beheben. „Ob das eine gute Lösung ist und welche Nebenwirkungen damit verbunden sind, haben wir nicht untersucht.“ Das sei eine politische Entscheidung. (iss)