Coronavirus-Pandemie
RKI: Lockerungen könnten regional unterschiedlich ausfallen
Laut Robert Koch-Institut sinkt die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland weiter. Über Konsequenzen müsse die Politik entscheiden, so RKI-Chef Wieler. Kritik an der Arbeitsweise des Instituts weist er dezent zurück.
Veröffentlicht:Berlin. Weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen können nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) regional durchaus unterschiedlich ausfallen. Jeder wisse, dass es regionale Unterschiede beim Infektionsgeschehen gebe, sagte RKI-Chef Professor Lothar H. Wieler am Dienstag.
Entsprechend unterschiedlich seien auch Alltagseinschränkungen zu bewerten und womöglich zu lockern.
Parameter für Entscheidungen
Das RKI gebe der Politik aber keine Empfehlungen, wann und wie das wirtschaftliche und öffentliche Leben wieder hochzufahren sei, sagte Wieler. Das Institut nenne ausschließlich Parameter, auf deren Basis dann Entscheidungen getroffen würden. „Das müssen die Player vor Ort tun.“
Der Reproduktionsfaktor, die Gesamtzahl der nachgewiesenen Infektionen und die Häufigkeit der Fälle spielten hier eine Rolle. Entscheidend seien auch Krankheitsschwere und die Frage, ob die zur Verfügung stehenden Kapazitäten des Gesundheitssystems zur Bewältigung der Pandemie ausreichten. Wenn gelockert werde, steige „natürlich“ die Gefahr, dass die Zahl der Neuinfektionen erneut ansteige, warnte Wieler.
Am Mittwoch (6. Mai) wollen Bund und Länder über weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen beraten. Dabei solle es vor allem um die Frage der Wiedereröffnung von Schulen und Kindertagesstätten gehen. Die Bundesregierung drängt weiter auf ein möglichst einheitliches Vorgehen im Kampf gegen die Pandemie. Einzelne Länder waren zuletzt ausgeschert und hatten weitergehende Lockerungen beschlossen oder angekündigt.
Coronavirus-Pandemie
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Zahl der Genesenen steigt auf über 135.000
Dem RKI waren Stand Dienstagmitternacht knapp 163.900 Fälle einer SARS-CoV-2-Infektion gemeldet. Das seien 197 Fälle auf 100.000 Einwohner, erläuterte Wieler. Ein Drittel der Ausbrüche gebe es in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Wo das Ansteckungsrisiko außerhalb dieser Einrichtungen erhöht sei, lasse sich nur schwer ermitteln.
Rund 135.100 COVID-19-Patienten sind laut RKI inzwischen genesen. Etwa 18 Prozent der Patienten hätten stationär behandelt werden müssen, in knapp drei Prozent der Fälle sei eine Lungenentzündung diagnostiziert worden, informierte Wieler.
Erfreulich sei, dass die Zahl der übermittelten Infektionsfälle weiter sinke. „Das ist eine sehr gute Nachricht“, so Wieler. In der vergangenen Woche seien dem RKI täglich zwischen 700 und 1600 Fälle gemeldet worden. Am Montag seien es 685 Fälle gewesen.
Immunitätsausweise prinzipiell gut
Die Zahlen stellten aber immer nur eine Momentaufnahme dar, betonte Wieler. Die bisher geltenden Empfehlungen im Alltag seien daher weiter einzuhalten. Ziel müsse sein die Zahl der Infektionen niedrig zu halten. „Abstandhalten ist der neue Alltag.“ Sehr wahrscheinlich sei auch, dass es zu einer zweiten und dritten Ausbruchswelle komme. Auf die sei man dann aber besser vorbereitet.
Wieler ging auch auf die Debatte um die Einführung von Immunitätsausweisen ein. Ein solcher Schritt sei prinzipiell zu überlegen. Bislang sei aber unklar, wann eine Person gegen das Coronavirus immun sei. Dafür brauche es klare Marker. Studien dazu liefen bereits, Ergebnisse müssten abgewartet werden.
Ähnliches gelte für neue Antikörper-Tests. Diese verfügten seines Wissens nach über eine „ganz gute Sensitivität und Spezifität“, betonte Wieler.
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Rolle von Kindern unklar
Zur Frage, wie stark Kinder in das Infektionsgeschehen involviert sein, äußerte sich Wieler vorsichtig. „Die Frage lässt sich immer noch nicht eindeutig und klar beantworten.“ Es gebe Studien dazu, die aber teils Designschwächen hätten. In Schweden seien Schulen lange offen gewesen, trotzdem sei die Infektionswelle dort nicht so stark gewesen.
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Wieler ging auch auf die am Montag vorgelegte Heinsberg-Studie und die darin genannte Todesrate von 0,37 Prozent bei COVID-19 ein. „Das ist eine Rate, die für ein bestimmtes Gebiet gilt. Man kann das schwerlich auf ganz Deutschland hochrechnen.“
Wieler: Arbeiten evidenzbaisert!
Auf die zuletzt geäußerte Kritik in Politik und Wissenschaft an der Arbeitsweise des RKI ging Wieler mit dem Hinweis ein, das Institut arbeite evidenzbasiert.
„Wir tun all das, um ein möglichst klares Bild der Situation zu gewinnen. Wir schätzen die aktuelle Situation auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse ein. Das kann immer nur eine Momentaufnahme sein. Und dann kann es auch sein, dass sich Einschätzungen ändern.“