Coronavirus-Pandemie
Kanzlerin Merkel fürchtet um den „gemeinsamen Pfad“
Die Bundesregierung befürchtet offenbar, dass die Corona-Front von Bund und Ländern bröckeln könnte. Alle müssten das Infektionsgeschehen aber weiter genau im Blick haben, warnt Regierungssprecher Seibert.
Veröffentlicht:Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt im Kampf gegen das Coronavirus weiter auf ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern.
„Es ist weiterhin richtig und wird auch von den Bürgern so erwartet, dass Bund und Länder auf einem gemeinsamen Pfad unterwegs sind“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag vor Journalisten.
Lockerungsübungen einzelner Bundesländer
Zuvor hatte unter anderem Niedersachsen einen Plan vorgelegt, wonach in Kürze Restaurants und Kneipen unter bestimmten Voraussetzungen wiedereröffnen können.
Sachsen-Anhalt hat bereits Regeln zur „sozialen Distanzierung“ entschärft. Demnach dürfen fünf Personen öffentlich unterwegs sein, auch wenn sie nicht dem gleichen Haushalt angehören.
Nordrhein-Westfalen erwägt, in Kürze Kitas wieder zu eröffnen. Die Länder begründen die Lockerungen mit einer sich abflachenden Infektionskurve.
Abweichungen „regional und in Akzenten“
Seibert betonte, der Sinn der regelmäßigen Treffen von Bund und Ländern liege darin, „grundsätzliche Leitlinien“ zum Umgang mit der Coronavirus-Pandemie zu beraten und auch zu verabschieden. Von dem gemeinsamen Pfad könne „regional“ und „in Akzenten“ abgewichen werden.
Ziel aller Beteiligten müsse weiter sein, die erreichten Fortschritte im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus nicht zu gefährden und gleichzeitig das öffentliche und wirtschaftliche Leben wieder hochzufahren. „Aber immer mit Vorsicht und einem Blick auf das Infektionsgeschehen“, setzte Seibert hinzu. Deutschland sei bislang recht gut durch die Pandemie gekommen.
Bei der nächsten Online-Schaltkonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und den Länderchefs am 6. Mai gehe es um eine „gemeinsame Strategie“ für „die sehr großen Lebensbereiche Schule, Kita und Sport“, sagte der Regierungssprecher. Dazu lägen Konzepte der Kultus-, Jugend- und Sportminister vor. Auf deren Basis sollten dann Beschlüsse gefasst werden.
Immunitätsausweise: Noch viele Fragen offen
Mit Blick auf die Debatte um die Immunitätsausweise erklärte Seibert, es handele sich „um ein Thema, bei dem noch viele Fragen offen sind“. Noch sei etwa nicht klar, wie lange eine Immunität nach einer durchlebten SARS-CoV-2-Infektion anhalte und wie zuverlässig Antikörpertests seien.
Gleichwohl könne der Grad der Immunisierung der Bevölkerung „ganz wichtige Informationen zum Infektionsgeschehen liefern“, so Seibert. Für Menschen, die in Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen oder Krankenhäusern arbeiteten, sei es wichtig zu wissen, „ob sie möglicherweise immun sind oder nicht“.
Deshalb sei es nachvollziehbar, so Seibert, „sich vorausschauend Gedanken zu machen, inwieweit unter welchen Voraussetzungen Immunitätsnachweise sinnvoll sein können“.
Eine Sprecherin von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verwies darauf, dass der Minister in der Angelegenheit zunächst das Votum des Ethikrates einholen wolle.
Linksfraktion warnt vor „Stigmatisierung“ durch Ausweis
Kritisch zu dem Vorhaben äußerte sich die Linksfraktion. „Der von Gesundheitsminister Spahn geplante Immunitätsausweis birgt die Gefahr, die bisherige Strategie der Verlangsamung der Virus-Ausbreitung zu unterlaufen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Achim Kessler.
Der Ausweis sei das „falsche Signal für einen solidarischen Umgang miteinander während der Corona-Pandemie“. Es drohe eine Stigmatisierung der bislang noch nicht Erkrankten, gab Kessler zu bedenken.