Kommentar zur Schließung der Geburtshilfe in St. Wendel
Realität überholt die politische Planung
Im Saarland gruppieren Krankenhausträger die Geburtshilfe um, ohne auf das Placet der Landesregierung zu warten. Das ist nicht das erste Mal im kleinsten Flächenland. Der zuständige Gesundheitsminister zeigt sich wenig begeistert.
Veröffentlicht:Stinksauer sei er, ließ der Minister wissen. Da habe ein Träger einfach einseitig Fakten geschaffen, klagt der saarländische Ressortchef Jung über die Entscheidung der Marienhaus-Gruppe, die Geburtshilfe in der Kreisstadt St. Wendel aufzugeben. Dabei liegt dies eigentlich ganz auf der von vielen Experten unterstützen Linie der Bundesregierung, durch Schwerpunktbildung Fachkompetenz zu stärken.
Im Gegenzug will Marienhaus nämlich sein Flaggschiff für Geburtshilfe in der zweitgrößten saarländischen Stadt Neunkirchen noch einmal kräftig aufrüsten. Und dort sorgt außerdem eine renommierte Kinderklinik für zusätzliche Sicherheit. Positiv auch, dass Marienhaus bei dieser internen Lösung ein stationär-ambulantes Netz gesponnen hat, um einen totalen Bruch am alten Standort zu vermeiden. Der Wermutstropfen sind längere Wege zur Entbindung im Nord-Saarland und eine Ballung im Mittelbereich.
Dennoch gibt sich der Minister beleidigt. Als hätte er das Ganze nicht vor einem Jahr schon einmal erlebt, als die SHG-Klinik in Merzig ihre Geburtshilfe aufgab – allerdings ohne eine trägerinterne Alternative.
Fazit: Hin und wieder mit zusätzlichen Geldscheinen zu wedeln, kann am Fachkräftemangel in der Provinz leider nichts grundlegend ändern. Vor allem aber: In einem kleinen klammen Land, dem auch noch der politische Mut zu größeren Strukturveränderungen im Kliniksektor fehlt, läuft die Krankenhausplanung immer den Realitäten ein Stück weit hinterher.