Strategiepapier
Regierung erwartet von Ärzten 96 Corona-Impfungen je Tag
Die Vorbereitungen für Massenimpfungen gegen das Coronavirus laufen an. Ein Strategiepapier der Bundesregierung zeigt nun eine grobe Richtung: Niedergelassene Ärzte spielen darin eine entscheidende Rolle.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bundesregierung bereitet flächendeckende Impfungen vor. Schon im kommenden Jahr soll eine hohe Durchimpfungsrate erreicht werden, heißt es im Entwurf eines Strategiepapiers aus dem Bundesgesundheitsministerium, das der „Ärzte Zeitung“ vorliegt.
Dafür sei eine „schnelle und flexible Personalgewinnung“ notwendig, schreiben die Autoren des 24-seitigen Dokuments. Niedergelassene Ärzte, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zählen demnach zu den Partnerorganisationen, die das Ministerium für die Umsetzung der Impfkampagne gewinnen will.
Auch Krankenhäuser, Medizinstudenten, die Sanitätsdienste der Bundeswehr, Hilfsorganisationen wie Rotes Kreuz, THW, ASB, Johanniter und Malteser, die Logistikbranche und die kommunalen Verwaltungen sind danach aufgefordert zu helfen.
15 Minuten je Impfling
Die „Empfehlungen für die Organisation und Durchführung von Impfungen gegen SARS-CoV-2 in Impfzentren und mit mobilen Teams“ werden von Fachleuten nicht als verpflichtend angesehen. Die Zuständigkeit liege bei den Ländern, hieß es dazu am Dienstag.
Die Empfehlungen präzisieren den Beschluss von Bund und Ländern von Anfang November. Damals hatte sich die Gesundheitsministerkonferenz bereits auf einen Rahmen für die Corona-Impfstrategie geeinigt.
Gleichwohl enthält das Papier detaillierte Hinweise. Die Autoren gehen bei einem achtstündigen Arbeitstag von 96 möglichen Impfungen je Arzt und Tag aus. Aus den Erfahrungen der betriebsärztlichen Grippeimpfung sei für die Impfung von 15 Minuten je Person auszugehen.
Gruppen- statt Einzelaufklärung
Die Impfaufklärung von etwa fünf Minuten sei zwingend von Ärzten vorzunehmen, die Impfung an sich könne an medizinisches Assistenzpersonal delegiert werden. Zeit gespart werden könne eventuell durch Aufklärung ganzer Gruppen, die zum Beispiel nach den Impfstoffen geclustert werden könnten.
Sieben Impfstoffe führen die „Empfehlungen“ derzeit auf, darunter auch die mRNA-Impfstoffe des Mainzer Unternehmens BioNTech und des US-Herstellers Moderna.
Auch mobile Impfteams sollen zum Einsatz kommen. Die Teams sollten jeweils an ein Impfzentrum angebunden sein, um dessen Lagerkapazitäten nutzen zu können. Für die Teams sollen niedergelassene Ärzte, Ärzte im Ruhestand und Medizinstudenten rekrutiert werden, heißt es in dem Papier.
Dritte Phase erst, wenn es Einzeldosen gibt
Den Start der Kampagne sehen die Autoren in Impfzentren. Dies sei schon den komplexen Lagerbedingungen für Impfstoffe geschuldet, die – wie zum Beispiel das Produkt von BioNTech – bei Temperaturen bis zu 60 Grad minus gekühlt werden müssten, und der Tatsache, dass zunächst eher Mehrdosenbehältnisse zur Verfügung stünden.
In dieser Phase sollen gezielt und priorisiert medizinisches und pflegerisches Personal sowie Angehörige von Risikogruppen geimpft werden. Dies gelte voraussichtlich in etwas gelockerter Form auch für die Phase zwei fort.
Die letzte Phase starte, wenn Impfstoff großflächig verfügbar sei und die Anforderungen an Lagerung und Logistik (Einzeldosenabfüllung) gesunken. Dann könnten ärztliche Einrichtungen und Betriebsärzte die Impfstoffe breit anwenden.
Die drei Phasen für die Impfung
- Phase Ia: Gezielte, zentralisierte Verimpfung in Zentren und durch Impfteams; wenig Impfstoff verfügbar, teilweise komplexe Lagerung
- Phase Ib: Erweiterte, zentralisierte Verimpfung in Zentren und durch Impfteams; mehr Impfstoff verfügbar, teilweise komplexe Lagerung
- Phase II: Breite, dezentrale Routine-Verimpfung durch niedergelassene Ärzte und Betriebsärzte; Impfstoffe „großflächig“ und als Einzeldosen verfügbar bei geringen Lagerherausforderungen
Quelle: „Empfehlungen für die Organisation und Durchführung von Impfungen gegen Sars-CoV-2 in Impfzentren und mit mobilen Teams“