Pflegeversicherung

SPD will Private und Gesetzliche vereinen

Eine Reform der Pflegefinanzierung im kommenden Jahr wird immer wahrscheinlicher. Beide Koalitionsparteien haben das Thema auf die Agenda gesetzt. Die SPD plant eine Bürger-Pflegeversicherung mit Zugriff auf die Rücklagen der privaten Pflegeversicherung. Medizinische Behandlungspflege in Milliardenhöhe soll komplett von den Krankenkassen bezahlt werden.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Neue Finanzierung: Die SPD hat vor, eine Bürger-Pflegeversicherung in ihr zukünftiges Programm aufzunehmen.

Neue Finanzierung: Die SPD hat vor, eine Bürger-Pflegeversicherung in ihr zukünftiges Programm aufzunehmen.

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BERLIN. Am Samstag hat eine Adhoc-Arbeitsgruppe „Pflege“ unter Leitung der kommissarischen Parteivorsitzenden und Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, in einer Klausurtagung beschlossen, eine Bürger-Pflegeversicherung in das zukünftige SPD-Programm aufzunehmen. Das geht aus am Samstag erarbeiteten Empfehlungen an den Gesamt-Parteivorstand hervor, die der „Ärzte Zeitung“ vorliegen.

Gleichzeitig sollen die Eigenanteile der stationär Pflegebedürftigen zu den reinen Pflegekosten begrenzt werden. Zum Ausgleich sollen die Steuerzahler herangezogen werden. Die Pflegeversicherung ist die einzige Sozialversicherung, die bislang nicht von Steuerzuschüssen profitiert.

Bereits am Donnerstag hatte die Vorsitzende der AG Gesundheit der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU) für das kommende Jahr eine Initiative angekündigt, um die Pflegebedürftigen bei den Eigenanteilen für die Heimpflege zu entlasten. Die liegen im Bundesschnitt bei rund 700 Euro, in manchen Ländern aber deutlich darüber. Zusammen mit den Kosten für Verpflegung, Unterkunft und den ebenfalls umstrittenen Beiträgen der Pflegebedürftigen zu den Investitionskosten kommen in manchen Bundesländern bis zu 1900 Euro an Eigenbeiträgen zusammen.

Länder sind Milliarden an Investitionskosten schuldig geblieben

Lösungen, wie den von den SPD-Ländern ins Spiel gebrachte Sockel-Spitze-Tausch, hatte Maag jedoch ausgeschlossen. Sie kritisierte allerdings, dass die Länder ihre Investitionsverpflichtungen in der stationären Pflege nahezu eingestellt hätten.

Im Sommer vorgestellten Berechnungen der Pflegekassen zufolge sind die Länder in den vergangenen zehn Jahren rund 39 Milliarden Euro an Investitionskosten schuldig geblieben.

Am Sonntag berieten die Unions-Gesundheitspolitiker diese Themen hinter verschlossenen Türen in München mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)

SPD: Wir wollen einen grundlegenden Wechsel einleiten

Der SPD-Vorstandsplan nimmt ebenfalls die Eigenanteile der stationär Pflegebedürftigen bei den reinen Pflegekosten aufs Korn, schlägt aber genau den Sockel-Spitze-Tausch vor. Dass die soziale Pflegeversicherung die tatsächlichen Pflegekosten nicht vollständig abdecke, sei „nicht angemessen“, sagte die kommissarische SPD-Vorsitzende und Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer am Rande der Sitzung.

„Wir wollen deshalb einen grundlegenden Wechsel in der Pflegeversicherung einleiten“, heißt es in dem Papier. Nicht die Leistungen der Pflegeversicherung sollten begrenzt werden, sondern die Eigenanteile der Pflegebedürftigen. Zukünftige Kostensteigerungen sollen somit mit steigenden Pflegeversicherungsbeiträgen und einem dynamisch anwachsenden Bundeszuschuss abgefangen werden.

Einen Plan in diese Richtung hatte zuerst Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) vorgelegt. Zudem soll die Pflegeversicherung um die Kosten für die medizinische Behandlungspflege, etwa drei Milliarden Euro im Jahr, entlastet werden. Die müssten die gesetzlichen Krankenversicherer übernehmen. Dafür würden die Kosten für die geriatrische Rehabilitation in Höhe von etwa einer Milliarde Euro von der Kranken- auf die Pflegeversicherung übergehen.

Alle Beiträge in einen Topf

Finanziert werden soll dieses Ziel auch durch die Rücklagen der Privatversicherten. Die setzt der SPD-Vorstand mit 35 Milliarden Euro in der Rechnung an. In dem „Umfang, der verfassungsrechtlich möglich ist“, soll darauf zur Finanzierung der Pflege zurückgegriffen werden, heißt es in dem Papier.

In einem weiteren Schritt sollen letztendlich die Eigenanteile an der Pflege für alle Pflegebedürftigen abgeschafft werden. Dafür soll die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung aufgehoben werden. Damit würden alle ihre Pflegebeiträge in den gleichen Topf einzahlen.

Die Beschlüsse des Vorstands sollen beim SPD-Parteitag 6. bis 8. Dezember in den Leitantrag „Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ einfließen.

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Kommentare
Dr. Hartmut Rodina 30.09.201908:31 Uhr

Pflegeversicherungen vereinen?

Für die wenigen Privat-Pflegeversicherten, die bisher lange Jahre viel eingezahlt haben, käme dies einer Enteignung gleich - aber aus anderer Leut Leder ist gut Riemen schneiden!

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