Kommentar

Schäubles Mahnbrief – Weckruf aus dem Dornröschen-Dasein

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat mit einem Mahnbrief den Bundestag aus seiner Lethargie während der Corona-Pandemie geweckt.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

Es ist ein Vorgang, der mindestens ungewöhnlich ist: Da muss der Bundestagspräsident, altgedienter Parlamentarier seit über 40 Jahren, die Bundestagsfraktionen erst mittels einer wissenschaftlichen Ausarbeitung seines Hauses auf das hinweisen, was eigentlich zur DNA des Bundestags gehört. Wesentliche Entscheidungen gehören in die Hand des Parlaments.

Zu Beginn der Pandemie hat die Bundesregierung, gestützt auf eine vage formulierte Verordnungsermächtigung im Infektionsschutzgesetz, freiheitseinschränkende Maßnahmen erlassen, die in der Geschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel sind: Reise-, Versammlungs- und Besuchsverbote in Pflegeheimen, um nur drei zu nennen.

Jetzt strebt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in seinem Vorschlag für das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ an, diese weitreichende Ermächtigungsnorm über den 31. März 2021 hinaus zu verlängern. Im Entwurf wird dies als „verstetigen“ verbrämt – ein Enddatum der Geltung ist nicht mehr genannt.

Es könnte auch diese kühne Formulierung gewesen sein, die bei Wolfgang Schäuble das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Denn das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip gebieten es, dass wesentliche Entscheidungen nicht der Verwaltung überlassen werden dürfen.

Vor diesem Hintergrund darf die Ausarbeitung der Juristen im Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags als Klatsche insbesondere für die Koalitionsfraktionen gelesen werden: Es sei „sehr problematisch“, Gesetzesvorschriften in weitem Umfang durch Rechtsverordnungen auszuhebeln, heißt es darin. Dies dürfte wohl nicht „mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit von Rechtsverordnungen vereinbar sein“.

Durch den Schäuble-Brief aufgewacht, beeilen sich vor allem Koalitionspolitiker zu signalisieren, jetzt wolle der Gesetzgeber wieder der Steuermann sein – mehr als ein halbes Jahr nach dem Beginn der Pandemie.

Schreiben Sie dem Autor: florian.staeck@springer.com

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