Schlechte Rückkoppelung zwischen Arztpraxen und Organkrebszentren

Weil die niedergelassenen Ärzte selten Nachsorgedaten an die Organkrebszentren melden, lässt sich der Behandlungserfolg kaum messen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Organkrebszentren und onkologische Zentren haben ein Problem: Die Einbindung niedergelassener Ärzte ist unterentwickelt. Nachsorgedaten kommen in den Zentren nicht an. Die Ergebnisqualität lässt sich nicht messen. "Wir wissen nicht, ob im Zentrum besser behandelt wird als außerhalb", sagte Professor Joachim Steffens aus Eschweiler am beim Deutschen Krebskongress in Berlin.

Die 44 Prostatakrebszentren erhielten nur von einem guten Fünftel ihrer Patienten valide Nachsorgedaten. "Ein Überlebensvorteil im Zentrum kann erst in zehn Jahren festgestellt werden", sagte der 2. Vizepräsident der Urologischen Fachgesellschaft. Da die Zertifizierung durch die Deutsche Krebsgesellschaft zumindest keinen sichtbaren Qualitätsvorsprung erzeuge, sollte die Gesellschaft die Zertifikate künftig restriktiver vergeben.

500 Organkrebszentren sind seit 2003 nach den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert worden. Rund 15 Millionen Euro haben die Krankenhäuser dafür intern umgeschichtet, schätzt der leitende ärztliche Direktor der Uniklinik Tübingen, Michael Bamberger. Dass der Zertifizierungsaufwand nicht zusätzlich bezahlt wird, steht in der Kritik. "Bei konstanter Vergütung fließen Ressourcen automatisch in patientenferne Tätigkeiten", hieß es.

Die Ergebnisqualität darzustellen fällt allen Fakultäten schwer. Die Sprecherinnen und Sprecher der Zentren für Brustkrebs, Darmkrebs, Hautkrebs und Lungenkrebs sowie der onkologischen Zentren sprachen sich einhellig für eine bessere Zusammenarbeit mit den epidemiologischen Krebsregistern und eine Vereinheitlichung der Dokumentationssysteme aus.

Innerbetrieblich bereiten die Zertifizierungen Freude. Die Abläufe seien verbessert. Die Tumorkonferenzen hätten viel gebracht, hieß es. Auf die Einhaltung der Leitlinien werde stärker geachtet, sagte Dr. Heike Rosendahl, die für die 195 Brustkrebszentren sprach. Leitlinienkonformes Arbeiten sei noch nicht Standard, sagte dagegen Dr. Christian Pox für die 141 Darmkrebszentren. Als wichtig bezeichneten alle Vertreter die Einbindung der Selbsthilfegruppen.

Gegen allzu selbstständige Organtumorzentren sprach sich der Leiter des Berliner Charité Comprehensive Cancer Centers, Professor Peter Michael Schlag, aus. Die Organtumorzentren sollten in die onkologischen Zentren (OZ) eingebunden werden. Doppelstrukturen und -behandlungen würden so vermieden.

Nur im onkologischen Zentrum sei die Interdisziplinarität vollständig gewährleistet, auch bei der medikamentösen Tumortherapie. So komme es nicht zur Priorisierung spezieller Tumorentitäten.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

GDK-Jahrestagung

Kardiologin: Vergessen Sie nicht, Lipoprotein (a) zu messen!

Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Betritt unbekanntes Terrain: CDU-Politikerin und designierte Bundesministerin für Gesundheit Nina Warken.

© Bernd Weißbrod/dpa

Update

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken