Nicht nur Verbalattacken

Schleswig-Holstein: Gewalt gegen Ärzte nimmt zu

Nahezu die Hälfte aller im Norden arbeitenden Ärztinnen und Ärzte ist schon einmal Opfer von Gewalt geworden.

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Vielen Ärzten reicht es, sich mit renitenten Patienten befassen zu müssen, die eigentlich Hilfe bei ihnen suchen.

Vielen Ärzten reicht es, sich mit renitenten Patienten befassen zu müssen, die eigentlich Hilfe bei ihnen suchen.

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Kiel. Beleidigungen, Drohungen, tätliche Angriffe. Fast die Hälfte aller arbeitenden Ärztinnen und Ärzte in Schleswig-Holstein hat bei der Arbeit schon einmal Gewalterfahrungen gemacht. Tendenz: steigend. Das ist das Ergebnis einer Online-Umfrage zum Thema unter den rund 15.000 Ärztinnen und Ärzten im nördlichsten Bundesland vom Januar 2025. Etwa 1.700 Ärztinnen und Ärzte haben sich aktiv an der Umfrage beteiligt.

Immer häufiger würden Mediziner Opfer von verbaler und körperlicher Gewalt. Die Kammer reagiert unter anderem mit Deeskalationstrainings und kündigt eine Aufklärungskampagne für die Patienten an.

46 Prozent der Befragten gaben an, dass die Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte in den vergangenen drei Jahren zugenommen habe, nur ein Prozent nahm eine Abnahme wahr. 49 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte seien bereits persönlich von Gewalt betroffen gewesen. 55 Prozent der Vorfälle beträfen verbale Gewalt, wie Drohungen oder Beleidigungen und 32 Prozent der Fälle körperliche Angriffe. In jedem dritten Fall wurde die Polizei eingeschaltet, teilte die Kammer am Donnerstag mit.

Die Gewalterfahrung hinterlässt Spuren

Die Folgen erlebter Gewalt sind erheblich, so die Kammer: 38 Prozent der Befragten erlebten ihr Verhalten gegenüber Patienten nach einem Vorfall distanzierter. 15 Prozent leiden unter Schlafstörungen, Albträumen oder Panikattacken, fünf Prozent benötigen eine Psychotherapie. In zehn Prozent der Fälle führten die Übergriffe zu körperlichen Verletzungen, etwa durch Bisse oder Schnitte.

Grund für den Anstieg der Gewalterfahrungen der Ärztinnen und Ärzte seien unter anderem Unzufriedenheit mit der Gesundheitspolitik, kulturelle Missverständnisse oder wachsende Ansprüche der Patienten.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, wünschen sich die Ärzte laut Umfrage vor allem mehr Personal und strengere Gesetze. Unterdessen bietet die Kammer Deeskalationstrainings und will die Patienten per Aufklärungskampagne für einen angemessenen Umgang mit dem medizinischen Personal sensibilisieren.

„Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Debatte über den Umgang mit medizinischem Personal und eine konsequente Ahndung von Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte“, kommentierte Professorin Doreen Richardt, Vizepräsidentin der ÄK Schleswig Holstein. (cben)

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