Ausschuss-Sitzung im Bundestag

Seehofer: Bund sollte Katastrophenschutz nicht an sich ziehen

Wer koordiniert künftig den Katastrophenschutz? Innenminister Seehofer sieht hier durchaus eine stärkere Rolle beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Ohne aber den Ländern und Kommunen zu viele Kompetenzen abzusprechen.

Veröffentlicht:
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Sitzung des Bundestags-Innenausschusses am Montag. Thema: Die aktuelle Lage in den Hochwassergebieten und die Abläufe der Alarmierungsverfahren.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Sitzung des Bundestags-Innenausschusses am Montag. Thema: Die aktuelle Lage in den Hochwassergebieten und die Abläufe der Alarmierungsverfahren.

© Jörg Carstensen/dpa

Berlin. Nach der verheerenden Unwetterkatastrophe in Westdeutschland soll die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen beim Katastrophenschutz verbessert werden. Für eine neue zentrale Führungsrolle der Bundesbehörden zeichnet sich aber bislang noch keine Mehrheit ab. Derweil starben mindestens zwei Menschen während kräftiger neuer Unwetter in Teilen Deutschlands. Das Flutgebiet im Westen blieb diesmal verschont.

Nach Ansicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer sollte der Bund nicht die Verantwortung für den Katastrophenschutz an sich ziehen. Die im Katastrophenfall notwendigen Entscheidungen müssten weiter vor Ort getroffen werden, ein Eingreifen in die Kompetenzen von Ländern und Kommunen wäre der falsche Weg, sagte der CSU-Politiker am Montag im Bundestag bei einer Sondersitzung des Innenausschusses. Nach der Sitzung schlug Seehofer vor, die Verantwortlichen in Kommunen und Ländern künftig bei einer bestimmten Gefahrenstufe zu verpflichten, die Bevölkerung zu warnen.

Viele ehrenamtliche und spontane Helfer

Mit Blick auf die vielen ehrenamtlichen und spontanen Helfer im Katastrophengebiet sagte Seehofer, dies sei ein Beispiel dafür, „wie in Deutschland zusammengestanden wird“.

Durch die Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen waren in der vorvergangenen Woche mindestens 179 Menschen ums Leben gekommen, Dutzende werden noch immer vermisst.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) solle künftig als „Kompetenzzentrum“ von Bund und Ländern eine stärkere koordinierende Rolle übernehmen, betonte Seehofer. Darauf hätten sich die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern auch bereits vor den Überflutungen im Westen Deutschlands geeinigt.

Kompetenzzentrum oder Zentralstelle?

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae sprach sich dafür aus, das BBK zu einer „Zentralstelle im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz“ auszubauen. „Ein reines Kompetenzzentrum ist zu wenig“, betonte Thomae. Es müsse geklärt werden, wie die Verantwortung zwischen Bund, Ländern und Kommunen besser verteilt werden könne. Der Bund solle hier als Koordinator fungieren.

Auch die Grünen sprachen sich erneut für eine „Zentralstellenfunktion“ des BBK aus. Dort liege viel Expertise, sagte die Innenpolitikerin Irene Mihalic. Sie werde aber bisher nicht in ausreichendem Maße genutzt. Hier sei eine Gesetzesänderung nötig.

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock sagte, die Unwetterkatastrophe habe gezeigt, dass man nicht „so weitermachen kann wie bisher“. Die nächste Bundesregierung müsse auf drei Ebenen anpacken: bei Klimaschutzmaßnahmen, bei Schutzmaßnahmen für potenziell gefährdete Orte und konkret bei den Menschen, wenn Extremwetterereignisse für Zerstörung sorgten.

Die Bewältigung akuter Katastrophenlagen liegt bislang in der Verantwortung der Länder und Kommunen. Der Bund hat seinerseits die Aufgabe, für den Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall zu sorgen. Einige Experten halten die Aufteilung für überholt. (dpa)

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