Kommentar zum Asylpaket II
Seele nicht außen vor lassen
Nie zuvor kamen so viele Flüchtlinge nach Deutschland wie im vergangenen Jahr. Die Einstufung, wer von ihnen schutzbedürftig ist, braucht medizinische Expertise - um körperliche und seelische Leiden zu attestieren.
Dass mit dem neuen Asylpaket II nur noch erstere eine Abschiebung verhindern können, muss angesichts der Datenlage überdacht werden: 70 Prozent der Flüchtlinge wurden laut Bundespsychotherapeutenkammer Zeugen von Gewalt, 35 Prozent waren in Gefangenschaft.
Mehr als 40 Prozent leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Für die Betroffenen, das besagt die S3-Leitlinie PTBS, reicht eine Psychopharmakotherapie allein nicht aus.
Doch werden sie in ihre Herkunftsregionen abgeschoben, so finden die Patienten dort nur in Ausnahmefällen ein Gesundheitssystem, das die Voraussetzungen für eine erfolgreiche psychotherapeutische Behandlung schafft.
Sollen zukünftig nur noch "schwerwiegende Krankheiten" ein Abschiebe-Hindernis sein, so ist das angesichts der begrenzten Ressourcen des eigenen Systems sicher ein angemessener Schritt.
Psychische Erkrankungen dürfen dabei aber nicht bagatellisiert werden. Denn mit einem Blick auf das erhöhte Suizidrisiko wird auch die PTBS zum lebensbedrohenden Leiden.
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