Masern-Impfung

Skeptische Amtsärzte

Gesundheitsminister Bahr will den Impfschutz bei Masern ausweiten. Sein bayerischer Kollege Huber will sogar mehr Geld in den Gesundheitsdienst stecken. Die Amtsärzte sind skeptisch - und zeigen auf die wahren Probleme. Die Impfpflicht lehnen sie ab.

Denis NößlerVon Denis Nößler Veröffentlicht:
Impfbuch für den Doktor: Minister Bahr will den Impfstatus etwa bei Masern schon vor der Einschulung überprüfen lassen.

Impfbuch für den Doktor: Minister Bahr will den Impfstatus etwa bei Masern schon vor der Einschulung überprüfen lassen.

© pix4U / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Masern treiben die Politik und Deutschlands Ärzte um. Erstmals wird nun auch laut darüber nachgedacht, in den Bereich zu investieren, der wie kein Zweiter für den Infektionsschutz geeignet ist - nämlich in den Öffentlichen Gesundheitsdienst, kurz ÖGD.

Die Rede ist von mehr Geld, einer besseren Ausstattung und Verträgen mit den Krankenkassen. Doch die neuen Vorschläge aus der Politik sind in Teilen womöglich realitätsfern, wie ein Blick in die Praxis des ÖGD zeigt. Und manche der Bekundungen empfinden die Amtsärzte sogar als Hohn.

Aber der Reihe nach: Das Jahr 2013 hat gerade einmal die Hälfte seiner Zeit hinter sich, da hat die Zahl der Maserninfektionen schon die Latte von 1200 Fällen gerissen.

Dabei wissen die meisten Fachkundigen: Bis 2015 will die Bundesrepublik die Masern eliminieren. Auf dieses hehre WHO-Ziel hatten sich die europäischen Staaten bereits vor etlichen Jahren geeinigt.

Deutschland ist alles andere als ein Musterknabe bei der Elimination dieser Paramyxoviren, die Republik verfehlt das Ziel seit Jahren - ein Kurswechsel ist nicht in Sicht.

Das Problem sind die fehlenden Impfungen. Bei den beiden großen Masernausbrüchen in diesem Jahr in Bayern (mit bislang 515 Fällen) und Berlin (440 Fälle) waren fast 90 Prozent der Betroffenen zuvor nicht geimpft. Den anderen fehlte meist die zweite Impfung.

Bahr hofft an Impfpflicht vorbeizukommen

Die Politik sieht sich in der Pflicht. Seit Wochen wird über die Einführung einer Impfpflicht diskutiert. Zumindest Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) schlägt nun jedoch eher verhaltene Töne an.

"Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir (...) an einer Impfpflicht vorbeikommen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).

Ganz ausschließen will er sie allerdings nicht, die Pflicht: Schaffe Deutschland in den nächsten Jahren nicht die versprochene Masernelimination, werde "an der Debatte über eine Impfpflicht kein Weg vorbeiführen".

Bundesärztekammer-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery lehnte sich in der FAS sogar noch weiter aus dem Fenster. Er bezeichnete eine Impfpflicht "aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht" als "das einzig Sinnvolle".

Montgomery gab allerdings zu bedenken, dass eine Pflicht zur Vakzine "gesellschaftspolitisch" nur schwer durchsetzbar wäre.

Andere sind deutlich zurückhaltender: Ebenfalls in der FAS wies Grünen-Politikerin Biggi Bender Überlegungen zu einer Impfpflicht deutlich zurück. Damit würden lediglich Impfgegner gestärkt, sagte sie.

Auch die SPD-Gesundheitspolitikerin Elke Ferner bezeichnete es als problematisch, "gleich mit der Keule der Impfpflicht zu drohen". Als "Ultima ratio" wolle sie eine solche Pflicht aber nicht ausschließen.

Es hapert an der letzten Konsequenz

Vielleicht ist die jetzige Diskussion um einen möglichen Impfzwang aber auch nur eine Stellvertreterdebatte. Denn im Bundesgesundheitsministerium möchte man das Wort "Impfpflicht" eigentlich gar nicht so hochhängen.

Vielmehr gehe es um Überzeugungsarbeit und um eine bessere Compliance bei den von der STIKO empfohlenen Impfungen, heißt es.

Das Problem ist bekannt: Die meisten Bürger stehen Impfungen gar nicht ablehnend gegenüber, in etlichen Fällen sind sie vielleicht einfach nur skeptisch.

Es hapert vor allem an der letzten Konsequenz, also die Impfung auch durchführen zu lassen, und bei Masern etwa nach einigen Wochen auch noch den zweiten Piks beim Arzt abzuholen.

Gesundheitsminister Daniel Bahr will deswegen den Impfstatus von Kindern künftig schon vor der Einschulung prüfen lassen. Bislang wird das Impfbuch bei den Schuleingangsuntersuchungen überprüft.

In einem "Infopapier Masern" für die Abgeordneten im Bundestag, empfiehlt er, den Impfstatus in Zukunft bereits im Kindergarten zu erheben.

Änderung des Infektionsschutzgesetzes wäre nötig

Also müsste der Paragraf 34 im Infektionsschutzgesetz (IfSG) geändert werden - die Zustimmung der Länder vorausgesetzt. Auch die Schulpflicht für ungeimpfte Kinder will Bahr im Fall eines Ausbruchs aufheben. Sie würden dann zu Hause bleiben müssen. Dafür müssten die Länder ebenfalls zustimmen, denn die Schulpflicht wird qua Kulturhoheit föderal geregelt.

Bahr nimmt die Länder aber noch mehr in die Pflicht - und erinnert sie an ihre Aufgaben im öffentlichen Gesundheitsdienst: "Die Länder sind insbesondere gefordert, ihre Gesundheitsämter so auszustatten, dass diese in der Lage sind, Impflücken ausfindig zu machen und Impfangebote zu unterbreiten", schreibt er an die Abgeordneten.

Das klingt nach Kritik und will offenbar heißen: Der ÖGD ist derzeit scheinbar gar nicht mehr in der Lage, seinen Verpflichtungen vollständig nachzukommen.

Bahr erinnert an den Paragrafen 20d im SGB V. Danach können die Länder für ihren ÖGD Verträge mit den Krankenkassen abschließen, damit diese die Kosten etwa für Impfstoffe übernehmen. Doch gerade einmal jedes zweite Bundesland hat überhaupt solche Verträge. Und wenn, dann wirken sie oft nicht.

"Ein Problem bei den Vereinbarungen sind erhebliche bürokratische Hindernisse", sagt Dr. Ute Teichert-Barthel, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst, kurz BVÖGD.

Denn heutzutage muss jede Impfung einzeln mit den Krankenkassen abgerechnet werden. Früher war das einfacher, da wurde pauschal vergütet anhand der Zahl der geimpften Kinder. Teichert-Barthel: "Dieser Aufwand ist ein Faktor, dass an den Gesundheitsämtern kaum noch geimpft wird."

Abrechnung ist für Gesundheitsämter ein Problem

Sie kennt zahlreiche Beispiele - etwa aus Schleswig-Holstein. Dort wurde früher flächendeckend an den Schulen geimpft, heute können sich das nur noch einzelne Ämter "leisten".

"Seit einigen Jahren muss mit den Krankenkassen unter Angabe der persönlichen Daten und der Versicherungsnummern spitz abgerechnet werden", erklärt die BVÖGD-Chefin.

Das heißt, die Ämter müssen mit einem Lesegerät für die Gesundheitskarte in die Schulen kommen. Und die Eltern müssen ihren Zöglingen die Karte letztlich auch mitgeben. Doch viele vergessen es schlicht.

Für die Ämter bleibt die Bürokratie: "Das war der Todesstoß für flächendeckende Impfaktionen in Schulen", sagt Teichert-Barthel.

Buchführung und Abrechnung hätten die Impfaktionen "unpraktikabel" gemacht - vor allem aber auch wegen der Personalnot in den Ämtern. Dazu muss man 18 Jahre zurückschauen.

Im Jahr 1995 gab es in Deutschland etwa 3700 Amtsärzte. Ein Blick in die Ärztestatistik der BÄK mit dem Stichtag 31.12.2012 bringt Ernüchterung: Im vergangenen Jahr arbeiteten noch 2370 Ärzte an Deutschlands Gesundheitsämtern - ein drastischer Einbruch von 37 Prozent in den letzten 18 Jahren.

Kontinuierlich entwickeln sich die Arztzahlen in Deutschland nach oben, bloß der Gesundheitsdienst ist davon völlig abgeschnitten.

Schuldenbremse drückt zusätzlich auf die Personaldecke

Dafür gibt es zwei banale wie gravierende Gründe: Länder und Kommunen sparen, wo es nur geht. Die Schuldenbremse, die ab 2020 auch für die Bundesländer gilt, tut ihr Übriges. Der zweite Grund ist das Einkommen: Amtsärzte verdienen bis zu 900 Euro brutto weniger als ihre Kollegen im Krankenhaus.

So wundert es nicht, dass der Nachwuchs ausbleibt. Bundesweit sind über 200 Stellen im ÖGD unbesetzt. Teilweise länger als ein Jahr müssen die Ämter suchen, bevor sie eine offene Stelle besetzen können.

Kommunen und Länder tun kaum etwas dafür, dass sich diese Situation verändert. Ende Juni hatte sich zwar die Gesundheitsministerkonferenz der Länder demonstrativ hinter den ÖGD gestellt und eine "angemessene Bezahlung in Anlehnung an den Tarifvertrag für Ärzte" gefordert.

Den fordert der BVÖGD seit langem, doch die Kommunen schalten offenbar auf stur. Denn jüngst wurden die Verhandlungen mit dem Verband der kommunalen Arbeitgeber (VKA) ohne Ergebnis vertagt. So läuft das bereits seit Jahren.

Teichert-Barthel: "Es darf nicht sein, dass die Ländergesundheitsminister sich einstimmig eine Förderung mit besserer Bezahlung zu eigen machen und die VKA dies seit Jahren hartnäckig blockiert."

Und so wird die Personaldecke im ÖGD dünner und dünner, vor allem auch im Osten, wo das Impfen bei Reihenuntersuchungen auch wegen der Impfpflicht in der damaligen DDR einige Tradition hatte.

In Brandenburg etwa ist das Impfen während Schuleingangsuntersuchungen laut Teichert-Bathel in den letzten Jahren "völlig verloren gegangen, weil die Personaldecke so dünn ist".

Die Verträge mit den Krankenkassen sind also schön und gut, doch in der Praxis verfehlen sie ihr Ziel. Die Amtsärzte monieren denn auch, dass die Kassen zwar den Impfstoff bezahlen - wenn er denn einzeln abgerechnet wird.

An den Personalkosten beteiligen sich die Krankenkassen allerdings nicht. "Die neuen Verträge mit den Kassen werden nicht dazu führen, dass wieder flächendeckend durch den ÖGD geimpft wird", resümiert Teichert-Barthel.

Den Amtsärzten fehlt der Nachwuchs

Auch in Bayern, wo sich mit München einer der derzeit größten Masernherde befindet, können die Ämter offenbar nur noch selten impfen. Im Freistaat gibt es geschätzt 270 Stellen mit Amtsärzten. Etwa fünf Prozent können nicht mehr neu besetzt werden, weil der ärztliche Nachwuchs fehlt.

"Wir hätten prinzipiell die Werkzeuge aber nicht die Manpower", sagt Andreas Kaunzner. Der Amtsarzt ist stellvertretender Vorsitzender des Ärzteverbands ÖGD in Bayern. Zwischen zehn und 30 Prozent mehr Stellen bräuchten die bayerischen Ämter nach Schätzungen des Verbands, um alle typischen ÖGD-Aufgaben wirklich erfüllen zu können.

Auch Assistenzstellen sind rar gesät. Sie würden aber gerade für die Impfbuchkontrollen im Rahmen der Eingangsuntersuchungen gebraucht.

Da ist guter Rat billig. Und so verkündet Bayerns Gesundheitsminister Dr. Marcel Huber im Nachrichtenmagazin "Focus", in den kommenden drei Jahren zusätzlich 450.000 Euro für den Impfschutz im bayerischen ÖGD ausgeben zu wollen.

Ist das die Rettung? Wohl kaum. Der Landesverband rechnet vor: Eine Amtsarztstelle kostet pro Jahr bis zu 150.000 Euro (Gehalt, Pensionsrücklagen, Arbeitsplatzkosten und ähnliches mehr). Minister Huber könnte mit seinem Vorhaben also exakt eine neue Stelle im bayerischen ÖGD schaffen - für drei Jahre.

Ruheständler und Honorarkräfte sollen es künftig richten

Was er dabei aber völlig unterschlägt, ist der Pakt "Verwaltung 21", den die Staatsregierung 2005 beschlossen hat.

Danach sollen bis 2019 in allen öffentlichen Bereichen mit Ausnahme der Bildung und Sicherheit zehn Prozent der Stellen gestrichen werden, also auch bei den Gesundheitsämtern. Womöglich müsste dann auch die eine neue Arztstelle für das Impfen wieder gestrichen werden.

Der BVÖGD spricht von einem "Tropfen auf den heißen Stein" und hofft, dass die Ankündigung von Huber nur als "flankierende Maßnahme" gedacht ist.

In Bayern denkt man nämlich offenbar daran, für Impfaktionen künftig Honorarkräfte einzusetzen, also Niedergelassene oder Ruheständler. Die wären zwar günstiger als eine Vollzeitkraft im Gesundheitsamt, würden den Personalmangel aber nur sporadisch kompensieren können.

Teichert-Barthel: "Impfaktionen und flächendeckend Impfbuchkontrollen lassen sich damit sicher nicht umsetzen." Auch ihr bayerischer Kollege Kaunzner hofft, dass noch nicht aller Tage Abend ist. Er will die Prüfung des Impfstatus nicht nur Erziehern überlassen: "Impfbuchkontrolle braucht medizinische Kompetenz."

Und grundsätzlich brauche es bei den Kindern wieder mehr ärztlichen Kontakt: Vor vielen Jahren noch habe er zu 100 Prozent der Kinder, die in die erste Klasse kamen, Kontakt gehabt. Um die 800 Kinder seien das pro Jahr gewesen.

Heute dünne sich das mehr und mehr aus, weil das Personal fehlt. Im ÖGD findet Rationierung statt. Nur noch Kinder ohne U9-Untersuchung oder mit einem besonderen Bedarf erhielten unbedingt eine Eingangsuntersuchung.

Jemanden zur Impfung zu überzeugen, geht nur mit Engagement

Von Überlegungen nach einer Impfpflicht halten die Amtsärzte derweil recht wenig. "Eine Impfpflicht wäre eher geeignet, kritische Kräfte und Impfgegner zu stärken und unentschiedene Eltern weiter zu verunsichern", sagt BVÖGD-Chefin Teichert-Barthel.

Auch mit dem Grundgedanken des Infektionsschutzgesetzes nach Eigenverantwortung und Aufklärung wäre eine solche Pflicht nach ihren Worten kaum vereinbar. Sie bliebe höchstens eine "Ultima ratio".

"Wir beobachten jetzt schon beim Thema Impfen eine deutliche Verunsicherung, die in den letzten Jahren, auch durch die 2009 von Pseudoexperten in den Medien geführte Diskussion im Rahmen der Schweinegrippe, eher zugenommen hat", sagt Teichert-Barthel.

Die Amtsärzte würden deswegen lieber ihre Impfangebote ausbauen und die öffentliche Aufklärung verstärken, oder wie es Kaunzner ausrückt: "Jemanden zur Impfung zu überzeugen, geht nur mit Engagement."

Ohnehin dürfte es noch dauern, bis die jetzigen politischen Willensbekundungen Gesetz werden. Vor der Bundestagswahl wird in dieser Sache sowieso nichts mehr passieren können, heißt es in Berlin. Und ob das Thema nach dem 22. September noch auf der Agenda steht, bleibt überdies abzuwarten.

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Positionspapier veröffentlicht

Amtsärzte: Pakt alleine macht den ÖGD nicht zukunftsfähig

Kommentare
Dipl.-Med Matthias Junk 23.07.201300:39 Uhr

mehr Transparenz

Impfkritische Eltern sind in aller Regel generell kritische Leute.
Das ist natürlich nichts Negatives.
Eher nachvollziehbar in einer Welt der vorgeschwindelten Sicherheiten und untergründigen Vereinnahmungen und Scheinwelten.
Aber das nicht ausreichend vorhandene psychotherapeutische Rüstzeug bei vielen von uns "praktisch und schulmedizinisch" , oft noch viel zu stark rein organmedizinisch orientierten Ärztinnen und Ärzten macht es uns schwer, die oft auch rein psychologische Aufgabe wahrzunehmen, die für beide Seiten der an einer "Impfkonflikt-Situation" beteiligten Parteien erwächst:
- Ärzte sollten achten, dass den Müttern (und vielen Vätern) die aktive Entscheidung zu einer realen kleinen Quälerei ihres kleinen Babys schwer fallen darf, wenn die befürchtete Bedrohung durch "schlimme Krankheiten" über Jahrzehnte - Mensch sei Dank !!! - in immer weitere Ferne gerückt ist
- sie sollten die nüchternen wahrhaften und positiven Fakten verlockend und angstreduzierend kommunizieren können und über viele Denkströmungen impfkritischer Agitatoren differenziert Bescheid wissen - um die daraus resultierenden Ängste und Vorurteile mit der Hingabe des "guten Hirten" abbauen zu helfen
- Weiterbildungen zum Thema Impfungen sollten künftig möglichst stets unter aktiver Beteiligung profilierter öffentlicher Impfkritiker stattfinden, selbst unter der Gefahr, dass zur Aufrechterhaltung einer sauber und wissenschaftlich orientierten Herangehensweise dafür ggf. Regeln zur sachlichen Disput-Disziplin aufgestellt und eingehalten werden müssen
- in einer Gesellschaft, in der pubertärer Egoismus erwachsener Menschen eine geförderte (zumindest nicht geächtete) Eigenschaft ist, darf man der konkreten individuellen Umsetzung durch die "...aber bei meinem Kind nicht den ganzen Einheits-Durchschnitt, sondern nur die ganz wichtigen und ganz richtigen Sachen impfen..."- Eltern nicht allein Ihnen emotional zur Last legen, sondern sollte es als eine berufsethische Aufgabe sehen, die Korrektur solcher Auswirkungen eines pervertierten, weil völlig von gesellschaftlicher Verantwortung losgelöstem "Individuelle-Freiheits-Götzentums" den dafür Verantwortlichen - den Politikern und Meinungsbildnern - immer deutlicher und protokollierbarer als dringliche Aufgabenstellung in ihre Mandate zu übergeben. Wenn Freiheiten nicht verantwortungsbewusst immer wieder auf ihre gesellschaftlichen Auswirkungen und Berechtigungen hin kritisch begleitet und korrigiert werden, drohen ihnen Beschädigungen, Pervertierungen und letzlich u.U. sogar ihre Abschaffungen durch Fundamentalisten aller Couleur.
- Impfentscheidungen dürfen freiheitlich und individuell bleiben. Aber nicht automatisch ohne "individualistische" Konsequenzen. Solche könnten darin bestehen, dass die "Öffentlichkeit" (vertreten durch lebendige Strukturen, zu denen auch wir Ärzte gehören, aber auch alle gesetzlichen (Pflicht-) Krankenkassen, Kindereinrichtungen mit staatlicher öffentlicher Förderung usw.) nur noch altersgerechtes und nach wissenschaftlich orientierten Plänen durchgeführtes Impfen als eine Art "Eintrittsbedingung und Regel-Leistung" akzeptiert und umsetzt. Das Erstellen individueller und abweichender "Eltern-Wunsch-Impfpläne" könnte u.U. damit genauso eine - auch von den gesetzlichen Kassen ausdrücklich zu begrüßende - IgeL-Leistung werden, wie das Bestätigen schwerwiegender und auf Dauer geltender medizinischer Impf-Kontraindikationen dann ggf. durch Institute, den medizinischen Dienst der Krankenkassen oder Amtsärzte. Die SIKO (Sächsische Impfkommission)formulierte dazu bereits in ihren allgemeinen Erklärungen zu den Impfempfehlungen den zukunftsfähigen Gedanken, dass durch die stets aktuell am medizinisch modernen Standard (immunologisch, mikrobiologisch, sozialmedizinisch und globalhygienisch) orientierten und von Spezialisten und Fachleuten ausgegebenen Impfempfehlungen eine weitgehende Entlastung der Eltern vom eigenen prinzipiellen Entscheidungskonflikt möglich ist u

Dr. Karlheinz Bayer 22.07.201307:35 Uhr

gibt es einen Masernimpfstoff?


bei aller Liebe, wir sind in Deutschland auf einem Irrweg, der sich inder Roten Liste ausdrückt angekommen. Zwischenzeitlich hatte ich keinen Tetanus-Impftstoff bekommen und mußte einem verletzten Handwerker zu Lasten der BG einen Diphtherie-Tetanus-Imopfstoff spritzen.
Geht ja noch.
Aber nach der hochgeputschten Berichterstattung über die Masernflut, die über das Land schwappt, haben mich auch Erwachsene gefragt und aber eine
3-, 4- oder gar 6-fach-Impfung dankend abgelehnt.
Interessantes häufig genanntes Argument, "nein, ich habe bei meinem Sohn / bei meiner Tochter hinreichend schlechte Erfahrungen mit Mehrfachimpfstoffen gemacht.
Also, Bitte an die Industrie, kommt den impfenden Ärzte entgegen und produziert wieder Einzelimpfstoffe - man kann gezielter handeln und, ja, man weiß auch, welche Imofung die Unverträglichkeiten verursacht und welche nicht.
Ich bon der Ansicht, bei den relativ hohen Preisen der Impfstoffe ist diese Forderung auch kommerziell vertretbar.

Dr. Karlheinz Bayer

Dipl.-Med Wolfgang Meyer 22.07.201307:31 Uhr

Sparbestrebungen und Regelementierungs"wünsche"!

An die Amtsärzte habe ich noch gar nicht gedacht, seit ich in den letzten Tagen diese Masernhysterie verfolge. Aber natürlich haben die Kollegen Recht mit ihren Hinweisen! Ich dachte mehr an zunehmend schlechte Hygiene und Ernährungsbedingungen für Kinder in einem der reichsten Industrieländer! Ich dachte an eine Impfaufklärung, die diese Bezeichnung schon lange nicht mehr verdient! Wie übrigens manch andere Aufklärung im Zusammenhang mit invasiven Eingriffen oder Medikamentennebenwirkungen ebenso. Ich dachte an die unzureichende Bereitstellung von Impfstoff gegen Grippe im vergangenen Jahr, weil Monopoliserung der Versorgung, initiiert durch die politisch Verantwortlichen das möglich machte! Von Todesfällen bei Kindern durch wesentlich unaufgeregtere Prävention will ich gar nicht reden! Worum geht es also? Ich hoffe, daß es nicht wieder einmal Profitinteressen von Impfstoffherstellern sind. Vielleicht geht es auch darum, die Bevölkerung einmal mehr mit einem Angstthema von den wirklichen Wichtigkeiten des Alltagslebens abzulenken!?

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