Medizinische Unterstützung

So hilft H.O.P.E. Ärzten bei der Behandlung schwer kranker Kinder in der Ukraine

In der kriegsgebeutelten Ukraine geben Wohltätigkeitsorganisationen wie H.O.P.E. Familien und Ärzten neue Hoffnung. Der Verein kümmert sich um kranke Kinder und unterstützt ein Herzzentrum in Lwiw.

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Gründungsfoto „H.O.P.E. (v.l.): Gerhard Meyer, Joachim Streb, Nadine Ott, Wolfgang Ponto †, Jeanette Horlitz, Andrea Biegner, Daniel Schmidt (Vorstandsvorsitzender), Liliane Streb (Vorstand Mitglieder und Finanzen), Herbert Heindl.

Gründungsfoto „H.O.P.E. (v.l.): Gerhard Meyer, Joachim Streb, Nadine Ott, Wolfgang Ponto †, Jeanette Horlitz, Andrea Biegner, Daniel Schmidt (Vorstandsvorsitzender), Liliane Streb (Vorstand Mitglieder und Finanzen), Herbert Heindl.

© H.O.P.E. - Wir helfen Kindern e.V.

Berlin. „Kinder können sich nicht selbst helfen“, sagt Daniel Schmidt, Vorstandsvorsitzender der deutschen gemeinnützigen Organisation H.O.P.E. – we help children e.V. Deshalb hat es sich der Verein mit Sitz in Raitenbuch in Mittelfranken zur Aufgabe gemacht, in der Ukraine schwer kranke Kinder und deren Familien zu unterstützen, indem er wichtige medizinische Versorgungsgüter, Geräte und Medikamente an Krankenhäuser, Rehabilitationszentren und Waisenhäuser in die Ukraine liefert.

Die Geschichte von H.O.P.E. beginnt 2015, ein Jahr nach Ausbruch des Krieges in der Ost-Ukraine. Bei einem Besuch eines Fußballspiels zwischen FC Bayern München und Schachtar Donezk im Februar 2014 in Lwiw besichtigt der inzwischen verstorbene Mitbegründer Wolfgang Ponto das Traumatologische Krankenhaus.

Ponto ist tief erschüttert vom Anblick „schwer verbrannter und entstellter Kinder in feuchten, schimmeligen Räumen“, wie er in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ berichtet.

Alles beginnt während des Besuchs eines Fußballspiels

Ponto überzeugt den FC Bayern, für das Krankenhaus zu spenden, während die Waldburg-Zeil Klinik in Wangen medizinisches Material bereitstellt. Der Verein erkennt aber schnell, dass eine einmalige Spende nicht ausreicht, da „Familien die meisten Medikamente und Verbände selbst bezahlen mussten“.

Ponto und seine Kollegen gründen deshalb den Verein H.O.P.E., mit Daniel Schmidt als Vorsitzenden und der Deutschlehrerin Tetyana Balaschowa als Koordinatorin in der Ukraine.

Schon bald, nachdem die Organisation auf sozialen Medien ihre Hilfe anbietet, beginnt Krankenhäuser, Rehazentren und Waisenhäuser in der ganzen Ukraine, Unterstützung anzufordern. Auch in Deutschland melden sich Ärzte und Krankenhäuser, um nicht mehr benötigte Geräte zu spenden.

So übergibt 2017 ein deutscher Zahnarzt seine gesamte Praxisausstattung. Sie wird an einen ukrainischen Zahnarzt gespendet, der nun fünfmal im Monat Waisenkinder und benachteiligte Kinder kostenlos behandelt.

Das medizinische Personal des regionalen Kinderkrankenhauses von Lugansk mit dem Gründer von „HOPE. We help children“, Wolfgang Ponto (links), bei der Entgegennahme von medizinischen Hilfsgütern und Verbrauchsmaterialien im Jahr 2015.

Das medizinische Personal des regionalen Kinderkrankenhauses von Lugansk mit dem Gründer von „HOPE. We help children“, Wolfgang Ponto (links), bei der Entgegennahme von medizinischen Hilfsgütern und Verbrauchsmaterialien im Jahr 2015.

© H.O.P.E. - Wir helfen Kindern e.V.

Eines der ersten Projekte von H.O.P.E. startet in Lyssytschansk in der Region Luhansk. Nach der russischen Besetzung von Luhansk 2014 ist das Personal des regionalen Krankenhauses nach Lyssytschansk geflohen und muss dort ein neues Krankenhaus fast ohne Ausstattung einrichten.

Die Bedingungen sind katastrophal – schimmelnde Wände und ein Mangel an Grundversorgung. Kinder, die monatelang in Kellern vor russischen Angriffen Schutz suchten, kamen mit schweren Verbrennungen, Bronchitis oder Tuberkulose ins Krankenhaus. Der Verein schickt ringend benötigte Medikamente, Verbrauchsmaterialien und Krankenhausmöbel, die von der Rennsteig-Klinik in Tabarz gespendet werden. Im Jahr 2022 wird das Krankenhaus durch eine russische Rakete zerstört.

Herzchirurgie für die Westukraine

H.O.P.E. spielt auch eine zentrale Rolle bei einem anderen Projekt: Dabei geht es um die Unterstützung eines Zentrums für Kinderkardiologie und Kinderherzchirurgie in Lwiw. Vor der Einrichtung dieses Zentrums müssen Kinder mit Herzfehlern für Behandlungen nach Kiew reisen – ein Weg, der wegen des Krieges unmöglich ist.

Um das Problem zu lösen, gründet das Kinderkrankenhaus des Heiligen Nikolaus in Lwiw unter der Leitung von Dr. Oleksandr Jachnik eine neue Abteilung für Kardiologie und Herzchirurgie.

Der Verein stellt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Rahmen des Förderprogramms „Klinikpartnerschaften“ wichtige Medizingeräte bereit, darunter ein Echokardiographie-Ultraschallgerät, ein modernes Beatmungssystem und ein tragbares Elektrokardiogramm.

Das Förderprogramm „Klinikpartnerschaften“ ermöglicht auch ein einmonatiges Praktikum im Deutschen Herzzentrum in München, wo Jachnik und sein Team neue Operationstechniken erlernten. Zwei Jahre nach der Gründung behandelt die Abteilung nun sowohl Kinder als auch Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern und hat sich auf minimalinvasive Herzchirurgie spezialisiert.

Ultraschall-Herzuntersuchung eines Kindes im St. Nikolaus Kinderkrankenhaus

Ultraschall-Herzuntersuchung eines Kindes im St. Nikolaus Kinderkrankenhaus

© GIZ / Klinikpartnerschaften

Herausforderungen und fortlaufende Unterstützung

Trotz des Erfolgs steht das Herzzentrum vor erheblichen Herausforderungen. Ein Problem für die Ärzte ist der Anstieg multiresistenter bakterieller Infektionen im Darm der Kinder, was vermutlich auf den vermehrten Einsatz von Antibiotika im Krieg zurückzuführen ist. „Auch wenn die Operation perfekt verläuft, kann das Kind dennoch schwächer werden“, erläutert Jachnik im Gespräch mit der Ärzte Zeitung.

Ein weiteres Problem: Es fehlt an Geld. So können die Ärzte bei zentralvenösen Kathetern nicht auf die optimalen Lösungen zurückgreifen. Obwohl einige dieser Herausforderungen dank H.O.P.E. und dem Programm „Klinikpartnerschaften“ gestemmt werden können, fehlen den Ärzten und Pflegern weiter wichtige Geräte wie künstliche Lungenbeatmer, chirurgische Instrumente, ein Zellseparator zur Reduzierung des Bedarfs an Fremdblut und Spritzenpumpen, die für die Verabreichung von Mikrodosen essenziell sind.

Mit diesen und weiteren Projekten leistet H.O.P.E. zusammen mit GIZ wichtige medizinische Hilfe für die West-Ukraine. Laut Daniel Schmidt und Tetyana Balaschowa sollen weitere Projekte folgen – das kriegsgebeutelte Land und sein Gesundheitssystem haben diese nötiger denn je. (oka)

Dr. Oleksandra Kalnytska hat an der Charité Berlin in Biologie promoviert und engagiert sich seit Beginn des Krieges in der Ukraine aktiv in der Freiwilligenarbeit am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin.

Zurzeit hospitiert sie im Rahmen des Open Door Programms bei Springer Medizin und der Ärzte Zeitung.

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